In zahlreichen Berufen mit akutem Fachkräftemangel spielen Menschen mit Einwanderungsgeschichte eine entscheidende Rolle. Besonders auffällig ist ihr hoher Anteil in Branchen wie dem Bauwesen, der Lebensmittelherstellung und der Altenpflege. Wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte, hatten im Jahr 2023 zwei Drittel der Beschäftigten im Aus- und Trockenbau eine Migrationsgeschichte. In der Lebensmittelproduktion war es gut die Hälfte, unter den Fliesenlegern knapp 47 Prozent.
Überdurchschnittlich vertreten sind Einwanderer auch in anderen Engpassberufen, die von der Bundesagentur für Arbeit als besonders von Fachkräftemangel betroffen eingestuft werden. So liegt der Anteil unter Bus- und Straßenbahnfahrern bei 46 Prozent, in der Gastronomie bei 45 Prozent, in der Fleischverarbeitung bei 42 Prozent und unter Lkw-Fahrern bei 37 Prozent. In der Altenpflege sind es 31 Prozent, im Metallbau und der Elektrotechnik jeweils 30 Prozent.
In der Gesamtwirtschaft beträgt der Anteil der Menschen mit Einwanderungsgeschichte unter den abhängig Beschäftigten 26 Prozent. Besonders auffällig ist, dass sie in einigen Berufen unterrepräsentiert sind, die nicht als Engpassberufe gelten. So sind nur sechs Prozent der Polizisten, neun Prozent der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung und elf Prozent der Lehrkräfte in der Sekundarstufe zugewanderte Fachkräfte.
Bettina Kohlrausch, wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI), betonte die Bedeutung von Migration für den deutschen Arbeitsmarkt. "Der hohe Anteil von Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Engpassberufen zeigt, wie wichtig Einwanderung für die Bekämpfung des Fachkräftemangels ist." Die politische Stimmung gegenüber Zuwanderung schade der wirtschaftlichen Entwicklung, so Kohlrausch.
OZD-Kommentar
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Ohne Zuwanderung wäre Deutschland in vielen Bereichen nicht mehr funktionsfähig. Doch statt diese Realität anzuerkennen, wird in der politischen Debatte oft das Gegenteil behauptet.
Seit Jahren warnen Wirtschaftsexperten vor den Folgen des demografischen Wandels. Doch während der Fachkräftemangel in Deutschland immer dramatischere Züge annimmt, werden einwanderungsfeindliche Töne lauter. Die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen klar, dass Migranten die tragenden Säulen vieler Schlüsselbranchen sind – von der Pflege über das Bauwesen bis zum Transportsektor.
Die paradoxe Realität: Während in populistischen Wahlkämpfen Migration oft als Problem dargestellt wird, sind es genau diese Menschen, die dafür sorgen, dass die Wirtschaft am Laufen bleibt. Gleichzeitig sind Migranten in vielen gut bezahlten Berufen wie der Verwaltung, dem Polizeidienst oder der Betriebswirtschaft unterrepräsentiert. Das wirft Fragen auf: Liegt es an mangelnden Qualifikationen oder an strukturellen Hürden?
Ohne eine aktive Einwanderungspolitik wird sich die Lage weiter zuspitzen. Doch anstatt diesen Weg zu gehen, erleben wir eine politische Rhetorik, die genau jene Arbeitskräfte abschreckt, die dringend gebraucht werden. Das ist nicht nur wirtschaftlich kurzsichtig, sondern gefährdet langfristig die Stabilität des deutschen Arbeitsmarktes.
OZD-Analyse
Einwanderung als Lösung für den Fachkräftemangel
a) Ja, in Engpassberufen sind Menschen mit Einwanderungsgeschichte überproportional vertreten.
b) Ja, ohne Migration wäre die Versorgung in Bereichen wie Pflege, Bauwesen und Logistik gefährdet.
c) Ja, eine gezielte Einwanderungspolitik könnte den Fachkräftemangel abfedern.
Ungleichgewicht in der Berufswelt
a) Migranten sind in bestimmten Berufen stark vertreten, in anderen hingegen deutlich unterrepräsentiert.
b) Besonders im öffentlichen Dienst und akademischen Berufen gibt es noch große Barrieren für Zuwanderer.
c)
Die Gründe dafür liegen sowohl in fehlenden Qualifikationen als auch in
strukturellen Hürden wie komplizierten Anerkennungsverfahren.
Politische Debatte und wirtschaftliche Realität
a) Während Migration oft als Belastung dargestellt wird, zeigen die Zahlen das Gegenteil.
b) Die politische Stimmung könnte dazu führen, dass Deutschland für Fachkräfte unattraktiver wird.
c)
Ohne eine pragmatische Zuwanderungspolitik droht eine Verschärfung des
Fachkräftemangels mit negativen Folgen für die Wirtschaft.
d) Problematisch kann aber die vortschreitende Rationalisiserung durch Robotik werden. Was dann?
OZD-Erklärungen
Was ist das Statistische Bundesamt?
Das Statistische Bundesamt (Destatis) ist die zentrale Behörde für amtliche Statistik in Deutschland. Es sammelt, analysiert und veröffentlicht Daten zu verschiedenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen. Dazu gehören Bevölkerungsstatistiken, Wirtschaftsdaten, Arbeitsmarktzahlen und demografische Entwicklungen. Die Behörde mit Sitz in Wiesbaden liefert wichtige Grundlagen für politische Entscheidungen und wirtschaftliche Planungen.
Was ist die Bundesagentur für Arbeit?
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) ist die zentrale Institution für Arbeitsmarktpolitik in Deutschland. Sie ist für die Vermittlung von Arbeitskräften, die Auszahlung von Arbeitslosengeld und die Förderung beruflicher Weiterbildung zuständig. Zudem erstellt sie Berichte über den deutschen Arbeitsmarkt und identifiziert sogenannte Engpassberufe, in denen ein besonders großer Fachkräftemangel herrscht.
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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP