Der Eklat im Weißen Haus könnte die Beziehungen zwischen den USA und der Ukraine nachhaltig verändern. Bei einem mit Spannung erwarteten Treffen kam es zu einem offenen Schlagabtausch zwischen US-Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Geplante Vereinbarungen wurden auf Eis gelegt, eine Pressekonferenz kurzfristig abgesagt. Nun steht die Frage im Raum: Wohin steuert das Bündnis zwischen Washington und Kiew?
Trump warf Selenskyj mangelnde Dankbarkeit für die militärische Unterstützung der USA vor. Nach dem Treffen erklärte der US-Präsident auf seiner Plattform Truth Social, der ukrainische Staatschef habe „keinerlei Respekt“ gezeigt und sei „nicht zu einem Frieden bereit“. Die Ukraine könne „zurückkommen, wenn sie bereit für den Frieden ist“.
Selenskyj reagierte im Interview mit Fox News kühl. „Ich denke, wir müssen sehr offen und sehr ehrlich sein, und ich bin nicht sicher, dass wir etwas Schlimmes getan haben“, sagte er auf die Frage, ob er sich bei Trump entschuldigen wolle. Gleichzeitig betonte er, dass Kiew auf die Unterstützung der USA angewiesen bleibe.
Der Streit markiert einen Wendepunkt in der Ukraine-Politik der USA. Trump hatte bereits früh deutlich gemacht, dass er sich von der bisherigen uneingeschränkten Militärhilfe seines Vorgängers Joe Biden distanzieren will. Stattdessen setzt er auf eine neue Verhandlungsstrategie, die Russland stärker in die Gespräche einbindet – ohne direkte Beteiligung Kiews oder europäischer Staaten.
Die diplomatischen Folgen des Eklats sind weitreichend. In Europa wächst die Sorge, dass sich die USA von der Ukraine abwenden könnten. EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas erklärte nach dem Vorfall, die „freie Welt“ müsse sich neu aufstellen. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni forderte einen transatlantischen Krisengipfel, um die strategische Zusammenarbeit in der Ukraine-Frage zu klären.
Für Selenskyj bleibt die Situation prekär. Einerseits kann er sich keine vollständige Entfremdung von Washington leisten, andererseits muss er verhindern, dass die Ukraine als bloßer Verhandlungsspielball zwischen den USA und Russland endet. Ein baldiges weiteres Treffen zwischen beiden Seiten ist unwahrscheinlich – die Unsicherheit über die künftige US-Politik gegenüber der Ukraine wächst. ozs/afp
OZD-Kommentar
Der offene Streit zwischen Trump und Selenskyj offenbart eine tiefgehende Verschiebung in der geopolitischen Machtbalance. Während Trump den Schulterschluss mit Russland sucht, droht Kiew ins diplomatische Abseits zu geraten.
Trumps Strategie ist klar: Er will keinen Blankoscheck für die Ukraine mehr ausstellen. Seine harsche Kritik an Selenskyj war kein Zufall, sondern ein deutliches Signal, dass sich die Spielregeln ändern. Wer US-Unterstützung will, muss sich Trumps Bedingungen fügen – und dazu könnte auch die Aufgabe territorialer Ansprüche der Ukraine gehören.
Für Kiew ist das eine gefährliche Entwicklung. Ohne Washington wird die militärische Verteidigung der Ukraine erheblich geschwächt. Gleichzeitig kann sich Selenskyj keine Unterwerfung unter Trumps Bedingungen leisten, ohne innenpolitisch massiv an Rückhalt zu verlieren.
Europa muss nun dringend eine klare Strategie entwickeln. Die Idee eines transatlantischen Gipfels ist ein guter Ansatz, aber es braucht mehr als diplomatische Floskeln. Ohne eine koordinierte Reaktion riskieren die Europäer, dass sie am Ende nur noch Zuschauer in einem Spiel sind, das sie maßgeblich betrifft.
OZD-Analyse
Die diplomatischen Folgen für die Ukraine
a) Die USA könnten sich weiter von der bedingungslosen Unterstützung der Ukraine abwenden.
b) Russland könnte den wachsenden Dissens zwischen Washington und Kiew gezielt nutzen.
c) Kiew muss neue strategische Partner finden, um nicht isoliert zu werden.
Trumps neue außenpolitische Linie
a) Die USA setzen auf direkte Verhandlungen mit Russland – ohne ukrainische Beteiligung.
b) Trump verfolgt eine transaktionale Außenpolitik, in der Loyalität und wirtschaftliche Deals entscheidend sind.
c) Ein Ende der US-Militärhilfe könnte die Ukraine zum Nachgeben in Friedensverhandlungen zwingen.
Die Rolle Europas in der Krise
a) Die EU muss klären, ob sie die Ukraine finanziell und militärisch stärker unterstützen kann.
b) Ein transatlantischer Gipfel könnte neue Leitlinien für die Ukraine-Politik festlegen.
c) Die Gefahr einer Spaltung innerhalb der NATO wächst, falls die USA ihre Position weiter verändern.
Wer ist Wolodymyr Selenskyj?
Wolodymyr Selenskyj ist seit 2019 Präsident der Ukraine. Der frühere Schauspieler wurde durch seinen entschlossenen Widerstand gegen die russische Invasion international bekannt. Seit Kriegsbeginn setzt er auf eine enge Kooperation mit dem Westen, um die Ukraine wirtschaftlich und militärisch zu stärken. Seine politische Zukunft hängt maßgeblich von der weiteren Unterstützung durch die USA und Europa ab.
Was ist das Rohstoffabkommen zwischen den USA und der Ukraine?
Das geplante Abkommen sollte eine Zusammenarbeit zwischen den USA und der Ukraine zur Rohstoffförderung auf ukrainischem Gebiet regeln. Die Einnahmen sollten in einen gemeinsamen Fonds fließen. Kiew erhoffte sich wirtschaftliche Vorteile sowie eine indirekte sicherheitspolitische Absicherung durch US-Präsenz. Nach dem Eklat zwischen Trump und Selenskyj wurde die Unterzeichnung des Deals jedoch auf unbestimmte Zeit verschoben.
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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP