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Treffen europäischer Staats- und Regierungschefs in London

„Die Ukraine kann sich auf unsere Unterstützung verlassen”

Kanzler Scholz hat in London mit europäischen Staats- und Regierungschefinnen und -chefs zur Ukraine beraten. Dabei ging es um einen gerechten und dauerhaften Frieden für die Ukraine und Sicherheit für Europa.  

Bundeskanzler Olaf Scholz ist nach London gereist, um dort auf Einladung des britischen Premierministers Keir Starmer mit europäischen Staats- und Regierungschefs über die Unterstützung der Ukraine zu beraten. „Sie ist das angegriffene Land, Opfer der russischen Aggression”, so der Kanzler. „Und das bedeutet natürlich auch, dass wir entsprechend handeln müssen und wollen.”

Der Bundeskanzler sprach unter anderem über: Die Hilfe für die Ukraine: 

Es sei klar, dass das Land weiter finanziell und mit militärischen Mitteln unterstützt werden müsse, so der Kanzler. In London sei auch darüber geredet worden, wie man weiterkommen könne. „Frieden in der Ukraine wird erreicht, wenn Russland den Krieg beendet.

Die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine: Im Kern jeder künftigen Friedensordnung müsse stehen, dass die Ukraine sich selbst verteidigen kann – mit einer starken Armee und einer Sicherheitsarchitektur, die funktioniert.

Die europäische Sicherheit: Alle europäischen Staaten haben sich vorgenommen, mehr für ihre eigene Sicherheit zu tun, so der Kanzler. „Wir sind transatlantische Alliierte in der NATO. Das ist der Schlüssel für Sicherheit in den USA, Kanada und Europa.” Die Allianz sei in den vergangenen Jahren mit neuen Mitgliedern und höheren Verteidigungsausgaben gestärkt worden. „Das werden wir auch in Zukunft fortsetzen.”

Lesen Sie hier die Mitschrift der Konferenz:

Bundeskanzler Olaf Scholz:

Wir sind heute in London zusammengekommen, um uns über Fragen der europäischen Sicherheit und insbesondere der Sicherheit der Ukraine zu unterhalten. Das war gut und wertvoll, wie auch viele Gespräche, die zuvor stattgefunden haben, und viele, die wir in nächster Zeit noch führen werden. Unmittelbar bevor steht das Treffen des Europäischen Rats, bei dem wir genau diese Fragen erneut verhandeln werden.

Wichtig ist, dass hier alle noch einmal deutlich versichert haben, dass sie die Ukraine unterstützen wollen. Sie ist das angegriffene Land, Opfer der russischen Aggression. Das ist die Wahrheit, die unverändert für alle ganz klar ist. Das bedeutet natürlich auch, dass wir entsprechend handeln müssen und wollen.

Für uns ist dabei auch klar, dass das bedeutet, dass wir die Ukraine eben finanziell und mit militärischen Mitteln unterstützen müssen. Alle wissen: Die größten Unterstützer sind heute die USA und Deutschland. Allein Deutschland hat alles in allem 44 Milliarden Euro an Unterstützung für die Ukraine aufgebracht. Deshalb bleibt die internationale und auch die transatlantische Unterstützung der Ukraine wichtig für die Sicherheit des Landes und Europas.

Wir haben heute auch darüber geredet, wie wir weiterkommen können. Dabei würde es sehr hilfreich sein, wenn es dazu kommt, dass die Bombardierungen aufhören, ob das nun die Luftauseinandersetzungen betrifft oder ob das die Situation auf der See betrifft. Das wäre der Einstiegspunkt, auch für Gespräche, die dann weitergehen können.

Dazu gehört dann natürlich auch, dass wir die Dinge tun, die für die Zukunft wichtig sind, erstens, dass die Ukraine sich jetzt, in dieser Situation, weiter auf Unterstützung verlassen kann – denn Russland trägt seinen Krieg ja unverändert vor, und der hat noch nicht aufgehört; insofern darf es dort keinen Abbruch geben –, zweitens, dass wir wissen, dass im Kern jeder künftigen Friedensordnung stehen muss, dass sich die Ukraine selbst verteidigen kann und über eine starke Armee verfügt. Die ist heute enorm, auch mithilfe der Unterstützung vieler Freunde, und sie wird auch in Friedenszeiten groß bleiben müssen, weit über das ökonomische Potenzial der Ukraine hinaus. Da steht dann erneut eine Aufgabe an – für die europäischen Freunde der Ukraine, aber auch die internationalen und transatlantischen Partner, die dann alle über viele Jahre und Jahrzehnte hinweg weiter verpflichtet bleiben, das auch möglich zu machen. Alle Sicherheitsarchitekturen müssen sich darum herum drehen. Auch das ist etwas, worüber wir jetzt gesprochen haben und was ich für wichtig halte, wenn es um die Frage der Zukunft der Sicherheitsarchitektur in Europa geht.

Ganz klar bedeutet das auch, dass die russischen Perspektiven nicht akzeptiert werden können. Ich will das noch einmal sagen. Es ging Russland immer darum, in der Ukraine eine Regierung zu etablieren, die nach russischer Pfeife tanzt. Das kann nicht akzeptiert werden. Die Ukraine ist ein europäisches Land, das sich entschieden hat, in die Europäische Union zu wollen, eine demokratische und souveräne Nation. Dabei muss es bleiben. Das Zweite ist die Frage der Demilitarisierung. Auch das fordert Russland immer wieder und kann nicht akzeptiert werden. Es ist umgekehrt: Die Ukraine muss auf der Basis der Erfahrungen, die das Land, seine Bürger und wir alle gemacht haben, so stark sein, dass es nicht erneut angegriffen wird. Auch das wird für die Zukunft von zentraler Bedeutung sein.

Wir werden uns auch im Europäischen Rat darüber unterhalten. Das ist sehr wichtig, weil es ja auch darum geht, dass wir unsere eigene Sicherheit stärken. Alle europäischen Staaten haben sich vorgenommen, mehr für ihre eigene Sicherheit zu tun, und zwar im Rahmen der NATO, aber auch aus eigenem Antrieb, auch diejenigen, die nicht Mitglied der NATO sind. Insofern ist es ganz zentral, dass wir die Rahmenbedingungen dafür schaffen. Auch bei dem Treffen in Brüssel wird es also darum gehen, ganz konkret zu bereden, wie wir die Mitgliedstaaten der Europäischen Union in die Lage versetzen können, dass sie mehr für ihre Verteidigung ausgeben können und dass wir eine bessere Kooperation in Europa haben, damit wir unseren eigenen Beitrag zu unserer eigenen Sicherheit noch besser leisten können, als dies in den vergangenen Jahrzehnten der Fall war.

Hier wurden also viele Dinge gut besprochen. Um sie wird es auch in nächster Zeit gehen, das nächste Mal in Brüssel.

Frage:

Herr Bundeskanzler, es gab Bemühungen um Friedensverhandlungen, angestoßen von Frankreich und Großbritannien. Es gab Zusagen für eine mögliche Friedenstruppe. Es gab auch erste finanzielle Zusagen. Was kann und was will Deutschland leisten?

Bundeskanzler Scholz:

Es ist ganz klar, dass wir jetzt in einer Situation sind, in der immer ein Grundsatz gelten muss: Keine Entscheidung über die Köpfe der Ukraine hinweg. – Das bedeutet auch, dass die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine gewährleistet bleiben muss und dass sie selbst über ihre Zukunft verhandeln können muss, nicht andere für sie und an ihrer Stelle.

Dann wird im Mittelpunkt jeder Sicherheitsarchitektur für die Zukunft die gemeinsame Anstrengung ganz vieler stehen, dass wir eine starke ukrainische Armee haben, jetzt, aber eben auch in Friedenszeiten. Das wird eine Anstrengung erfordern, auf die viele noch nicht wirklich ausreichend eingestellt sind. Denn das bedeutet, dass auch dann, wenn der Krieg vorbei ist, die Herausforderungen für den europäischen Haushalt, aber auch die Haushalte vieler Mitgliedstaaten der Europäischen Union und anderer Freunde in Europa und international groß sein werden. Das ist der Kern jeder Architektur für Sicherheit für die Ukraine in Zukunft. Darüber besteht große Einigkeit.

Frage:

Herr Bundeskanzler, stimmen Sie Friedrich Merz zu, wenn er sagt, dass auf die Amerikaner eigentlich kein Verlass mehr sei und dass sich Europa selbst verteidigen müsse? Ist die NATO dann nicht eigentlich am Ende?

Bundeskanzler Scholz:

Sehr gut an dem heutigen Treffen war, dass wir alle uns einig sind, dass die transatlantische Zusammenarbeit nicht nur in der Vergangenheit wichtig für die Sicherheit der USA, Kanadas und Europas war, sondern dass sie es auch in Zukunft sein wird und dass es jetzt darum geht, die Kooperation innerhalb der NATO weiterzuentwickeln und weiter auszubauen.

Das gilt übrigens auch für die Kooperation der transatlantischen Partner bei der Unterstützung der Ukraine. Denn – ich habe es eben schon gesagt – das sind wir alle gemeinsam gewesen. Auch viele andere haben geholfen, Australien, Korea, Japan, Kanada. Aber im Wesentlichen sind es die europäischen Staaten und die USA, ganz besonders natürlich die USA und Deutschland, die es der Ukraine ermöglicht haben, sich bis hierher zu verteidigen. Es wäre gut und sollte auch so sein, dass wir dies weiterhin tun.

Frage:

Herr Bundeskanzler, man spricht von einem Epochenwandel. Man spricht davon, dass jetzt die Entscheidungen getroffen werden müssen, um die Ukraine weiter in Sicherheit zu bringen. Wäre es nicht ein guter Anlass gewesen, Friedrich Merz, möglicherweise ihren Nachfolger, zu diesem Termin mitzunehmen, um von deutscher Seite Kontinuität in dieser wichtigen … (ohne Mikrofon, akustisch unverständlich) Führungsrolle Deutschlands geht, zu zeigen?

Bundeskanzler Scholz:

Wir tauschen uns regelmäßig und sehr kooperativ über die Dinge aus, die anstehen. Das ist auch richtig so. Aber jetzt hat jeder seine Aufgaben. Ich nehme sie hier im Interesse unseres Landes wahr.


Bild und Text: Bundespresseamt