Donald Trump hat seine Kritik an Wolodymyr Selenskyj erneut verschärft und wirft dem ukrainischen Präsidenten mangelnden Friedenswillen vor. „Dieser Typ will keinen Frieden, solange er die Rückendeckung Amerikas hat“, schrieb Trump auf Truth Social. Er reagierte damit auf eine Aussage Selenskyjs, wonach ein Ende des Krieges in weiter Ferne liege. Trump kommentierte dies als „schlimmste Erklärung“ und drohte, dass Amerika sich das nicht länger gefallen lassen werde.
Bereits am Freitag hatte sich ein diplomatischer Eklat ereignet, als Selenskyj das Weiße Haus besuchte. In einer hitzigen Auseinandersetzung im Oval Office warfen Trump und sein Vizepräsident JD Vance dem ukrainischen Präsidenten Undankbarkeit für die US-Militärhilfe vor. Trump stellte zudem die weitere Unterstützung in Frage, sollte Selenskyj nicht einem „Deal“ mit Russland zustimmen.
Auch gegen die europäischen Staats- und Regierungschefs richtete sich Trumps Kritik. Diese hatten sich am Sonntag in London getroffen, um die Ukraine zu unterstützen. Laut Trump hätten sie dort klargestellt, dass sie den Konflikt ohne die USA nicht bewältigen könnten. „Das ist wahrscheinlich nicht das beste Statement, um Stärke gegenüber Russland zu demonstrieren. Was denken die sich?“, schrieb Trump.
Der US-Präsident verfolgt einen Kurs der Annäherung an Wladimir Putin und verzichtet auf Kritik an Russland. Stattdessen bezeichnete er Selenskyj als „Diktator“ und gab ihm die Schuld am Krieg. In Europa stieß dieses Vorgehen auf Empörung. Der französische Premierminister François Bayrou sprach in der Nationalversammlung von einer „schockierenden Szene“, die von „Brutalität“ und „Erniedrigung“ geprägt gewesen sei. Selenskyj habe jedoch die „Ehre der Ukraine“ und Europas verteidigt, indem er nicht nachgegeben habe.
Bayrou resümierte, dass es zwei Opfer dieser Entwicklung gebe: die Sicherheit der Ukraine sowie die Identität und Einheit des Westens.
OZD-Kommentar
a) Trumps Vorgehen ist eine Abkehr von der bisherigen westlichen Ukraine-Politik und spielt Russland in die Hände. Seine Angriffe auf Selenskyj und Europa schwächen die transatlantische Einheit und könnten Moskau ermutigen.
b) Die demonstrative Erniedrigung Selenskyjs im Oval Office markiert eine Zäsur in den US-ukrainischen Beziehungen. Eine Fortsetzung dieses Kurses könnte zum Ende der US-Unterstützung führen und die Ukraine in eine dramatische Lage bringen.
c) Europa steht vor der Herausforderung, sich unabhängig von den USA militärisch und wirtschaftlich stärker aufzustellen. Sollte Trump seine Drohungen wahrmachen, muss die EU ihre Sicherheitsstrategie grundlegend überdenken.
OZD-Analyse
Trumps neue Ukraine-Strategie
a) Trump stellt die US-Unterstützung für die Ukraine in Frage.
b) Er fordert Selenskyj auf, Frieden mit Russland zu schließen.
c) Gleichzeitig verzichtet er auf Kritik an Wladimir Putin.
Auswirkungen auf die transatlantischen Beziehungen
a) Europas Abhängigkeit von den USA wird zum Problem.
b) Frankreich und Deutschland könnten eine neue Sicherheitsarchitektur vorantreiben.
c) Die NATO steht vor einer Zerreißprobe.
Mögliche Szenarien für die Ukraine
a) Ein Rückzug der USA könnte Russland militärisch bestärken.
b) Europa müsste die finanzielle und militärische Last allein tragen.
c) Selenskyj steht unter Druck, Kompromisse einzugehen.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.