Die in der Fachzeitschrift „Lancet“ veröffentlichte Studie basiert auf Daten aus 204 Ländern und zeigt eine alarmierende Entwicklung: Die Zahl der übergewichtigen oder fettleibigen Menschen weltweit ist von 929 Millionen im Jahr 1990 auf 2,6 Milliarden im Jahr 2021 gestiegen. Wenn keine Gegenmaßnahmen ergriffen werden, könnte diese Zahl bis 2050 auf 3,8 Milliarden anwachsen – ein Anstieg um mehr als 45 Prozent innerhalb von drei Jahrzehnten.
Besonders drastisch ist die Prognose für Kinder und Jugendliche: Die Fallzahlen könnten um 120 Prozent steigen. Die Hauptautorin der Studie, Emmanuela Gakidou vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME), spricht von einer „beispiellosen globalen Epidemie“ und einem „monumentalen gesellschaftlichen Versagen“. Sie betont jedoch, dass es noch nicht zu spät sei, um zu handeln.
Jessica Kerr vom Murdoch Children’s Research Institute fordert ein stärkeres politisches Engagement, um die Ernährungsgewohnheiten der Menschen weltweit nachhaltig zu verbessern. „Wir müssen Ernährung, körperliche Aktivität und das Lebensumfeld verändern“, so Kerr. Dazu gehören unter anderem der Zugang zu gesünderen Lebensmitteln und eine bessere Stadtplanung mit mehr Parks und Bewegungsmöglichkeiten.
Besonders betroffen sind laut Studie acht Länder, in denen mehr als die Hälfte der übergewichtigen oder fettleibigen Erwachsenen leben: China, Indien, die USA, Brasilien, Russland, Mexiko, Indonesien und Ägypten.
OZD / AFP
OZD-Kommentar
Die Zahlen sind alarmierend, doch wirklich überraschend sind sie nicht. Seit Jahrzehnten steigt die Zahl der übergewichtigen Menschen weltweit, ohne dass Regierungen und Gesundheitsbehörden effektive Maßnahmen ergreifen. Die moderne Gesellschaft bietet eine perfekte Umgebung für Übergewicht: Hochverarbeitete Lebensmittel sind billig und überall verfügbar, während Bewegung im Alltag zunehmend verschwindet. Ernährung ist längst keine Frage der individuellen Verantwortung mehr, sondern eine gesellschaftliche Herausforderung.
Dass Regierungen dennoch weiterhin auf freiwillige Maßnahmen statt auf klare gesetzliche Vorgaben setzen, zeigt, dass der politische Wille zur echten Veränderung fehlt. Wer glaubt, dass allein Aufklärungskampagnen das Problem lösen können, ignoriert die wirtschaftlichen Interessen der Lebensmittelindustrie. Ohne strengere Vorschriften für Zucker- und Fettgehalte, höhere Besteuerung ungesunder Produkte und massive Investitionen in die Gesundheitsvorsorge wird sich der Trend nicht umkehren. Die Studie zeigt erneut, dass Handeln dringend notwendig ist – doch die entscheidende Frage bleibt: Wird die Politik endlich reagieren oder weiter zusehen, wie die Gesundheitskrise eskaliert?
Warum nimmt Übergewicht weltweit so drastisch zu?
Veränderte Ernährung
Zunahme von hochverarbeiteten Lebensmitteln mit hohem Zucker- und Fettgehalt
Günstige, kalorienreiche Produkte dominieren den Markt
Werbung für ungesunde Lebensmittel besonders an Kinder gerichtet
Mangelnde Bewegung
Weniger körperliche Aktivität durch veränderte Arbeits- und Lebensweisen
Wenig Zugang zu Bewegungsräumen in vielen städtischen Gebieten
Digitalisierung und Automatisierung reduzieren alltägliche Bewegung
Politische Untätigkeit
Fehlende verbindliche Maßnahmen gegen ungesunde Ernährung
Kaum effektive Steuern oder Regulierungen für Junk Food
Wirtschaftliche Interessen der Lebensmittelindustrie beeinflussen politische Entscheidungen
Die Prognosen der Studie sind ein deutlicher Weckruf: Ohne massive Veränderungen wird Übergewicht zu einer der größten gesundheitlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen der kommenden Jahrzehnte.
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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP