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Die Wiederbewaffnung Europas kostet unglaubliche 800 Milliarden

Wiederbewaffnung Europas: Von der Leyen fordert 800 Milliarden für Verteidigung

Nach dem vorläufigen Stopp der US-Militärhilfen für die Ukraine haben zahlreiche EU-Staats- und Regierungschefs beim Gipfel in Brüssel Zuspruch für eine Wiederaufrüstung Europas geäußert. Ziel müsse sein, „dass Europa selber in der Lage ist, seine Sicherheit weiter zu stärken“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Rande des Treffens am Donnerstag. Polens Regierungschef Donald Tusk sagte, Russland werde den Rüstungswettlauf „verlieren wie die Sowjetunion vor 40 Jahren“. Gipfelgast war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, die EU-Länder sagten ihm erneut Rückendeckung zu.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem „Wendepunkt“ für die Sicherheit Europas und der Ukraine. Die Lage sei brandgefährlich, sagte von der Leyen bei einem Auftritt mit Selenskyj und Ratspräsident António Costa vor Gipfelbeginn. Selenskyj dankte den Europäern demonstrativ für ihre Unterstützung und betonte, die Menschen in der Ukraine seien „nicht alleine“. US-Präsident Donald Trump hatte Selenskyj vergangene Woche im Weißen Haus mangelnde Dankbarkeit und keinen Friedenswillen vorgeworfen.

Vor diesem Hintergrund betonte von der Leyen, Europa müsse in der Lage sein, „sich selbst zu schützen, sich selbst zu verteidigen, so wie wir die Ukraine in die Lage versetzen müssen, sich selbst zu schützen und für einen dauerhaften und gerechten Frieden zu kämpfen“. Sie habe den Staats- und Regierungschefs deshalb einen Wiederaufrüstungsplan vorgelegt. Damit will die Kommissionschefin bis zu 800 Milliarden Euro mobilisieren.

Europa müsse sich „dem von Russland initiierten Wettrüsten“ stellen „und es gewinnen“, sagte Tusk, dessen Land in diesem Halbjahr den EU-Ratsvorsitz innehat. Er begrüßte die Erwägungen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, die nukleare Abschreckung Frankreichs auf europäische Partner auszuweiten. „Es muss eine unserer Prioritäten sein, alle unsere Kapazitäten in Europa zu koordinieren und tatsächlich eine einzige, gut koordinierte Militärmacht aufzubauen“, sagte Tusk.

Von der Leyen hatte „ein neues EU-Finanzierungsinstrument“ vorgeschlagen, um die Mitgliedsländer bei der Aufrüstung zu unterstützen. Es soll Darlehen in Höhe von 150 Milliarden Euro umfassen, die durch den EU-Haushalt abgesichert sind. Sie sprach sich zudem dafür aus, die europäischen Schuldenregeln mittels einer nationalen Ausnahmeklausel zunächst für vier Jahre zu lockern.

Bundeskanzler Scholz will noch weiter gehen. Er sprach sich für „eine langfristige Anpassung des Regelwerks“ aus, damit die Länder „Spielräume haben für ihre langfristigen Investitionen in Verteidigung und Sicherheit“. Unterstützung bekam er unter anderem von den baltischen Staaten, „sparsame“ Länder wie die Niederlande und Schweden sind laut Diplomaten dagegen skeptisch und warnen bei zu laxen Schuldenregeln vor einer neuen Finanzkrise.

Der deutsche Vorstoß spiegelt auf europäischer Ebene, was die möglichen Koalitionspartner CDU/CSU und SPD unter CDU-Chef Friedrich Merz auch national anstreben. Sie hatten in den Sondierungsgesprächen vereinbart, Verteidigungsausgaben weitgehend von der Schuldenbremse auszunehmen.

EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola nannte eine Wiederbewaffnung Europas überfällig. Nach jahrelangen ergebnislosen Diskussionen sei es dafür „verdammt noch mal Zeit“, sagte die Christdemokratin aus Malta. Zum Auftakt des Gipfels kamen die EU-Spitzen wie üblich mit Metsola zusammen.

Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas kritisierte das Einfrieren der US-Militärhilfen für Kiew durch Präsident Donald Trump. Sie nannte dies ein „gefährliches Spiel mit der Zukunft der Ukraine“. Bundeskanzler Scholz mahnte mit Blick auf die USA, im Umgang mit Präsident Trump einen „kühlen und klaren Kopf“ zu bewahren. „Wir müssen sicherstellen, dass die Ukraine weiter unterstützt wird“, sagte er.

Scholz warnte erneut vor einem „Diktatfrieden“ in der Ukraine. Zu einem „fairen, gerechten Frieden“ gehöre aus seiner Sicht „eine starke ukrainische Armee auch in Friedenszeiten“. Er begrüßte aber den Vorstoß aus Frankreich und Großbritannien für eine vorläufige Waffenruhe in der Ukraine, die Angriffe aus der Luft, auf See und auf die Energieinfrastruktur pausieren könnte.

OZD / AFP




OZD-Kommentar
Die EU erkennt die neue Realität an: Ohne eine eigenständige Verteidigungspolitik ist Europa in einer zunehmend instabilen Welt verwundbar. Die massiven Investitionen in die Aufrüstung zeigen, dass die Abhängigkeit von den USA nicht mehr als verlässlich angesehen wird. Doch der politische Konsens in Europa ist brüchig – nicht alle Staaten befürworten höhere Verteidigungsausgaben auf Kosten der Schuldenbremse.

Während Polen und die baltischen Staaten auf eine schnelle Militarisierung drängen, zeigen sich Länder wie Schweden und die Niederlande zurückhaltend. Die kommenden Monate werden zeigen, ob die EU den angekündigten Milliardenplan wirklich umsetzt oder ob innenpolitische Widerstände eine Verzögerung bewirken. Eines ist jedoch klar: Die geopolitische Ära nach Trump fordert ein starkes Europa.



OZD-Analyse

1. Bedeutung der europäischen Wiederaufrüstung:

a) Reduzierung der Abhängigkeit von den USA in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik.

b) Stärkung der EU als eigenständige militärische Macht.

c) Reaktion auf Russlands anhaltende Bedrohung und die Eskalation des Wettrüstens.

2. Herausforderungen für die Umsetzung:

a) Finanzielle Belastung der EU-Staaten und mögliche Schuldenrisiken.

b) Politische Uneinigkeit über den richtigen Weg der Verteidigungsfinanzierung.

c) Notwendigkeit einer schnellen und effizienten Koordination zwischen den Mitgliedsstaaten.

3. Mögliche Szenarien für die kommenden Monate:

a) Die EU setzt den Milliardenplan um und stärkt ihre militärischen Kapazitäten.

b) Interne Differenzen bremsen den Prozess und verwässern die Pläne.

c) Eine geopolitische Krise zwingt die EU zu beschleunigten Maßnahmen.


OZD-Erklärungen

Was ist die europäische Wiederaufrüstung?
Die EU plant, ihre Verteidigungsausgaben massiv zu erhöhen, um unabhängiger von den USA zu werden. Dieser Prozess umfasst höhere Rüstungsausgaben, die Koordinierung der Streitkräfte und neue Finanzierungsmodelle zur Stärkung der Sicherheitspolitik.


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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP




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