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Hochverrat mehrerer Reichsbürger - Was ist Hochverrat?

Reichsbürger-Terrorgruppe plante Entführung von Karl Lauterbach und Umsturz

Weil sie einen Umsturz auslösen und dazu unter anderem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entführen wollten, sind vier Angeklagte aus der Reichsbürgerszene vom Oberlandesgericht Koblenz zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Das Gericht in der rheinland-pfälzischen Stadt verhängte am Donnerstag Haftstrafen zwischen fünf Jahren und neun Monaten sowie acht Jahren gegen die drei Männer und eine Frau. Es sah als erwiesen an, dass sie Hochverrat gegen die Bundesrepublik vorbereitet hatten.

Sie gründeten demnach die terroristische Vereinigung "Vereinte Patrioten" und agierten als Rädelsführer. Der Anklage zufolge schlossen sie sich spätestens im Januar 2022 zusammen, um durch Gewalt und unter Inkaufnahme von Toten bürgerkriegsähnliche Zustände in Deutschland auszulösen. Damit habe die Gruppe die Demokratie beseitigen und die Staatsgewalt übernehmen wollen. Gemeinsam sollen sie einen dreistufigen Plan entworfen haben.

Den Auftakt dazu sollten in einer Aktion namens "Silent Night" Sprengstoffanschläge auf die Stromversorgung bilden. Anschließend sollte Lauterbach bei einem bewaffneten Angriff entführt werden. Dabei habe die Gruppe den Tod von Personenschützern in Kauf genommen. Von der gewaltsamen Entführung eines ranghohen Vertreters der von ihnen verhassten Bundesregierung habe sich die Gruppe eine große Zustimmung für die neue Regierung und Zulauf von Unterstützern aus Sicherheitsbehörden erhofft.

Das dadurch entstehende Chaos wollte die Gruppe in einem dritten Schritt nach eigener Vorstellung nutzen, um eine "konstituierende Versammlung" einzusetzen, die Regierung abzusetzen und eine "Führungsperson" zu installieren. Die Angeklagten sollen der Reichsbürgerszene angehören, laut deren Ideologie das 1918 untergegangene Deutsche Kaiserreich auf Grundlage der Verfassung von 1871 bis heute weiter existiert.

Ein fünfter Angeklagter wurde in Koblenz als Mitglied der terroristischen Gruppe und wegen der Vorbereitung von Hochverrat zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Zwei der anderen Angeklagten sprach das Gericht zusätzlich wegen Waffendelikten schuldig, einen wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat.

Die Männer wurden im April 2022 festgenommen, die Frau im Oktober 2022. Der Prozess gegen sie begann im Mai 2023. Seitdem gab es weitere Anklagen und teils auch bereits Urteile in diesem Zusammenhang in ganz Deutschland. So verurteilten Gerichte in Düsseldorf, Hamburg, München und Frankfurt am Main Unterstützer der Gruppe. Auch in Koblenz wird in einem zweiten Prozess seit April 2024 gegen zwei weitere mutmaßliche Unterstützer verhandelt.

Lauterbach dankte nach dem Urteil "Polizei und Justiz für Aufklärung und Bestrafung des geplanten Verbrechens", besonders Beamten des Bundeskriminalamts, "die ihr Leben für uns riskieren." Der Staat habe "gezeigt, dass er sich gegen gewalttätige Verschwörungstheoretiker wehren kann", erklärte Lauterbach.

OZD / AFP



OZD-Kommentar
Das Urteil von Koblenz zeigt, wie ernst die Justiz den Kampf gegen extremistische Umsturzpläne nimmt. Dass eine radikale Gruppierung mit Sprengstoffanschlägen und einer Ministerentführung Chaos stiften wollte, macht deutlich, wie weit sich der Rechtsextremismus in Deutschland radikalisiert hat. Die verhängten Haftstrafen sind zwar hoch, aber nicht das Maximum – die Frage bleibt, ob sie als abschreckende Maßnahme ausreichen.

Ein besorgniserregender Aspekt ist die angestrebte Unterstützung aus Sicherheitsbehörden. Der Fall zeigt erneut, dass extremistische Gruppen gezielt versuchen, Gleichgesinnte in staatlichen Strukturen zu rekrutieren. Ein wachsender Kontroll- und Sicherheitsbedarf ist unausweichlich. Gleichzeitig bleibt fraglich, ob das Urteil zukünftige Verschwörer abschreckt oder ob es als Märtyrer-Narrativ in der Szene genutzt wird.




OZD-Analyse

1. Bedeutung des Urteils für die innere Sicherheit:

a) Setzt ein starkes Signal gegen extremistische Umsturzpläne.

b) Zeigt die Gefahr von Radikalisierung innerhalb der Reichsbürgerszene.

c) Betont die Notwendigkeit konsequenter Strafverfolgung gegen staatsgefährdende Gruppen.

2. Herausforderungen für den Rechtsstaat:

a) Kontrolle über extremistische Netzwerke innerhalb staatlicher Behörden.

b) Präventive Maßnahmen zur Früherkennung gewaltbereiter Gruppierungen.

c) Notwendigkeit der Deradikalisierung in Gefängnissen, um Folgetaten zu verhindern.

3. Mögliche Konsequenzen und Szenarien:

a) Weitere Verfahren gegen Unterstützer und Sympathisanten der Gruppe.

b) Verschärfte Beobachtung der Reichsbürgerszene durch den Verfassungsschutz.

c) Anpassung der Gesetze zur Bekämpfung extremistischer Netzwerke.


OZD-Erklärungen

Was ist Hochverrat?
Hochverrat bezeichnet den Versuch, die verfassungsmäßige Ordnung eines Staates gewaltsam zu ändern oder zu stürzen. In Deutschland ist dies nach §81 StGB strafbar und kann mit lebenslanger Haft oder Freiheitsstrafen von mindestens zehn Jahren geahndet werden.

Warum ist die Reichsbürgerszene gefährlich?
Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als legitimen Staat an und vertreten teils radikale, verfassungsfeindliche Ideologien. Einzelne Gruppen oder Individuen aus dieser Szene haben bereits bewaffnete Aktionen geplant oder durchgeführt.

Wie wurden die Täter entdeckt?
Die Gruppe wurde durch verdeckte Ermittlungen und Hinweise auf auffällige Kommunikation frühzeitig observiert. Infiltration durch Sicherheitsbehörden und verdeckte Ermittler trugen zur Verhinderung des geplanten Anschlags bei.


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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP


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