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Syrien am Abgrund?

Blutige Auseinandersetzungen zwischen Regierung und Assad-Anhängern

In Syrien eskaliert die Gewalt erneut. Nach den schwersten Gefechten zwischen den Truppen der neuen Regierung und Anhängern des gestürzten Baschar al-Assad seit dessen Sturz wurde ein Großeinsatz gegen Assad-Unterstützer eingeleitet. Das syrische Verteidigungsministerium bestätigte, dass "zusätzliche Kräfte in die Küstenregion um Latakia und Tartus geschickt" wurden. Laut Aktivisten wurden bisher 95 Kämpfer getötet, während Regierungstruppen 134 alawitische Zivilisten "hingerichtet" haben sollen.

Die Region im Westen des Landes, in der sich traditionell viele Assad-Anhänger befinden, wurde Schauplatz intensiver Kämpfe. Die syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, dass "gezielte und präzise Einsätze gegen die dem ehemaligen Regime treu ergebenen Männer" stattfinden. „Assads Anhänger haben unsere Streitkräfte und unsere Landsleute verraten“, hieß es weiter. In Tartus und Latakia wurde eine Ausgangssperre verhängt.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, dass alawitische Zivilisten in den Städten Banjas, Latakia und Dschableh exekutiert worden seien. Einem Bericht der Organisation zufolge sollen zudem 45 Assad-Kämpfer und 50 Mitglieder der Sicherheitskräfte ums Leben gekommen sein. Beide Seiten verzeichneten zahlreiche Verletzte.

UN-Syriengesandter Geir Pedersen zeigte sich "zutiefst besorgt" angesichts der Eskalation und forderte beide Seiten zur Zurückhaltung auf. Er appellierte an die "uneingeschränkte Achtung des Schutzes der Zivilbevölkerung gemäß dem Völkerrecht".

Das iranische Außenministerium verurteilte das "Töten und Verletzen unschuldiger syrischer Menschen" und warnte vor zunehmender Instabilität. Teheran betonte zudem, es habe "keine Eile", Beziehungen zur neuen Regierung aufzubauen.

Russland, einst Assads wichtigster Verbündeter, forderte die syrische Regierung auf, das Blutvergießen schnellstmöglich zu beenden. Der gestürzte Machthaber war nach seinem Sturz nach Russland geflohen.

Syrien-Experte Aron Lund beschreibt die Situation als "Pulverfass": "Beide Seiten fühlen sich angegriffen, beide Seiten haben schreckliche Misshandlungen erfahren und beide Seiten sind bewaffnet."

Die neuen Machthaber hatten nach der Eroberung von Damaskus durch die islamistische HTS-Miliz im Dezember versichert, Minderheiten im Land zu schützen. Doch viele Alawiten fürchten nun Vergeltungsmaßnahmen – sowohl als religiöse Minderheit als auch wegen ihrer historischen Loyalität zu Assad.

OZD/AFP


OZD-Kommentar:

a) Die erneute Eskalation in Syrien zeigt, dass der Konflikt weit entfernt von einer Lösung ist. Die Gewalt gegen Zivilisten beiderseits verschärft die Lage und vertieft die gesellschaftlichen Gräben.

b) Die neue syrische Regierung steht vor einer gewaltigen Herausforderung: Einerseits muss sie Stabilität herstellen, andererseits droht sie durch Vergeltungsaktionen ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren. Die Unterdrückung der alawitischen Minderheit könnte langfristig zu neuen Widerstandsbewegungen führen.

c) Internationale Akteure wie Russland und Iran sind uneinig. Während Moskau eine Deeskalation fordert, distanziert sich Teheran vorsichtig. Dies könnte geopolitische Verwerfungen in der Region nach sich ziehen.


OZD-Analyse:

Hintergrund des Konflikts 

a) Die Region Latakia war lange eine Hochburg der Assad-Anhänger, insbesondere der alawitischen Gemeinschaft. 

b) Nach dem Sturz Assads fühlen sich viele Alawiten bedroht und fürchten Racheakte. 

c) Die neue Regierung steht vor der Herausforderung, das Land zu einen, anstatt neue Feindschaften zu schüren.

Internationale Reaktionen 

a) Russland fordert ein Ende der Gewalt, hat aber begrenzte Einflussmöglichkeiten. 

b) Der Iran kritisiert die Gewalt, hält sich jedoch mit direkter Unterstützung der neuen Regierung zurück. 

c) Die UN ruft zu Mäßigung auf, bleibt aber faktisch machtlos.

Zukunftsaussichten 

a) Ohne eine politische Lösung droht Syrien in einen neuen bürgerkriegsähnlichen Zustand zu verfallen. 

b) Die Unterdrückung der Alawiten könnte eine neue Welle der Radikalisierung hervorrufen. 

c) Eine stabile Zukunft erfordert eine integrative Regierung, die alle Gruppen einbindet.


 

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.