Der SPD-Vorstand hat einstimmig entschieden, in Koalitionsverhandlungen mit der CDU und CSU einzutreten. Dies gab die Partei am Sonntagmittag nach einer digitalen Sitzung bekannt. Die endgültige Entscheidung über ein Regierungsbündnis soll jedoch von einem späteren Mitgliedervotum abhängen.
Nachdem die Sondierungsgespräche am Samstag abgeschlossen wurden, gibt es innerhalb der SPD kritische Stimmen, insbesondere hinsichtlich der geplanten Verschärfungen in der Migrations- und Asylpolitik. Trotz dieser Kritik konnten Union und SPD bereits Einigungen in zentralen Finanzfragen erzielen. So sind Ausnahmen von der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben sowie ein Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für Infrastrukturinvestitionen vorgesehen.
In einer Mitteilung betonte der SPD-Vorstand: „Für die SPD ist klar: Wir übernehmen Verantwortung. Wir handeln für Deutschland und verhandeln im Sinne der Bürgerinnen und Bürger.“ Der Koalitionsvertrag wird abschließend den SPD-Mitgliedern zur Online-Abstimmung vorgelegt.
Der linke Flügel der SPD forderte Nachbesserungen in den Koalitionsverhandlungen, insbesondere in den Bereichen Bürgergeld und Migrationspolitik. Tim Klüssendorf, Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion, erklärte gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): „Hier muss dringend nachgebessert werden, damit eine Zustimmung der SPD möglich ist.“ Besonders kritisiert wurde die geplante Möglichkeit, bestimmten Personen die deutsche Staatsbürgerschaft zu entziehen, sofern sie über eine weitere Staatsangehörigkeit verfügen. Dies betreffe „Terrorunterstützer, Antisemiten und Extremisten“, sei jedoch verfassungsrechtlich bedenklich und integrationspolitisch problematisch.
Gleichzeitig würdigte Klüssendorf einige positive Aspekte der Sondierungsergebnisse, darunter Investitionen, Mindestlohn, Tariftreue und Renten.
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch äußerte sich zurückhaltend zu den anstehenden Verhandlungen. In einem Podcast des Portals Politico sagte er, die Verhandlungen seien „kein Automatismus“. Auf die Möglichkeit eines Scheiterns angesprochen, räumte er ein: „Natürlich.“ Bereits die Sondierungen seien nicht einfach gewesen. Nun gehe es darum, „Kompromisse zu suchen und die Möglichkeiten einer Koalition auszuloten“.
Bezüglich der geplanten Zurückweisungen von Asylsuchenden an den deutschen Grenzen – eine Maßnahme, die die SPD bislang abgelehnt hatte – wies Miersch Kritik zurück. Entscheidend sei, dass Deutschland „keinen nationalen Sonderweg“ gehe, sondern sich im Rahmen des europäischen Rechts mit Nachbarstaaten abstimme.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte die migrationspolitischen Vereinbarungen und erklärte gegenüber der „Rheinischen Post“, dass sie helfen würden, „die irreguläre Migration weiter zurückzudrängen“, während Deutschland weiterhin weltoffen bleibe und mehr in Integration investiere. Die bereits praktizierten Zurückweisungen an den Grenzen sollen in Abstimmung mit den europäischen Partnerstaaten weiter ausgebaut werden.
OZD/AFP
OZD-Kommentar
a) Die SPD geht mit vielen Kompromissen in die Verhandlungen. Besonders in der Migrationspolitik riskiert sie Glaubwürdigkeitsverluste.
b) Die Parteibasis könnte die Einigung kritisch sehen, was das Mitgliedervotum ungewiss macht.
c) Sollte die SPD nicht nachbessern, könnte die Koalition bereits an den Verhandlungen scheitern.
OZD-Analyse
Politische Herausforderungen
a) Die SPD muss ihre Positionen verteidigen, ohne die Union zu verprellen.
b) Die Migrationsthematik bleibt ein kritischer Punkt.
c) Finanzielle Spielräume könnten zu Streit führen.
Parteiinterne Spannungen
a) Der linke Flügel fordert Nachbesserungen.
b) Ein Scheitern der Verhandlungen könnte die Parteiführung schwächen.
c) Das Mitgliedervotum wird entscheidend sein.
Zukunftsaussichten
a) Eine Koalition würde Stabilität bringen.
b) Langfristige politische Folgen bleiben unklar.
c) Die SPD muss ihre Strategie klug ausbalancieren.
Wer ist Tim Klüssendorf? Tim Klüssendorf ist Sprecher der Parlamentarischen Linken der SPD-Bundestagsfraktion. Geboren 1989, wuchs er in Lübeck auf und studierte Politik und Verwaltung. Seit 2021 sitzt er im Bundestag und setzt sich besonders für soziale Gerechtigkeit und progressive Wirtschaftsreformen ein.
Was ist die SPD? Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) wurde 1863 gegründet und zählt zu den ältesten politischen Parteien Europas. Sie steht traditionell für soziale Gerechtigkeit, Arbeitnehmerrechte und eine progressive Gesellschaftspolitik. Die SPD stellt derzeit den Bundeskanzler und ist eine der führenden politischen Kräfte Deutschlands.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.