Mark Carney ist neuer Vorsitzender der Liberalen Partei Kanadas. Der ehemalige Zentralbankchef setzte sich mit großer Mehrheit gegen seine Mitbewerber durch und soll Justin Trudeau als Premierminister ablösen. Die Wahl fand inmitten eskalierender Spannungen mit den USA statt.
Carney gewann mit 85,9 Prozent der Stimmen und verwies die frühere Finanzministerin Chrystia Freeland mit nur acht Prozent auf den zweiten Platz. In seiner Siegesrede betonte er die wachsenden Bedrohungen durch die Politik von US-Präsident Donald Trump. "Die Amerikaner wollen unsere Ressourcen, unser Wasser, unser Land", warnte Carney. "Wir können nicht zulassen, dass er Erfolg hat."
Der 59-Jährige gilt als politischer Neuling, hat aber eine beeindruckende Karriere als Zentralbanker vorzuweisen. Er leitete die Bank of Canada durch die Finanzkrise 2008 und 2009 und war später der erste Nicht-Brite an der Spitze der Bank of England. Bis vor Kurzem war er zudem als UN-Sondergesandter für Klimaschutzfinanzierung tätig.
Die Wahl zum neuen Parteichef erfolgte in einer Zeit zunehmender Auseinandersetzungen mit den USA. Trump drohte Kanada mit höheren Zöllen und stellte sogar die Möglichkeit in den Raum, das Land zum "51. Bundesstaat" der USA zu machen. Angesichts dieser Bedrohung haben sich sowohl Carney als auch Freeland auf eine Strategie gegen Trump konzentriert. "Kanada steht vor einer der schwersten Krisen in unserer Geschichte", erklärte Carney. "Ich weiß, wie man Krisen bewältigt."
Die nächste Parlamentswahl in Kanada steht ebenfalls an. Sie muss bis Oktober stattfinden, könnte jedoch bereits in wenigen Wochen ausgerufen werden. Während die oppositionellen Konservativen lange in den Umfragen führten, haben die Liberalen zuletzt stark aufgeholt.
Trudeau, der 2013 Parteichef wurde und seit 2015 als Premierminister regierte, trat Anfang Januar zurück. In seiner Abschiedsrede warnte er vor den Gefahren durch Trump: "Freiheit ist Anschaffung, auch Kanada ist keine Anschaffung."
OZD-Kommentar
a) Mark Carneys Wahl bedeutet eine Abkehr von der bisherigen liberalen Politik. Seine wirtschaftliche Kompetenz ist unbestritten, doch seine politische Unerfahrenheit könnte ihm schaden.
b) Der Konflikt mit den USA wird entscheidend sein. Trumps aggressive Haltung gegenüber Kanada könnte Carneys Regierungsstil stark beeinflussen. Ob er als Krisenmanager überzeugt, bleibt abzuwarten.
c) Die bevorstehende Wahl ist der Lackmustest für Carney. Wenn er es nicht schafft, die Wähler von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, könnte seine Zeit als Parteichef nur von kurzer Dauer sein.
OZD-Analyse
Mark Carneys politische Herausforderung
a) Keine gewählte Erfahrung, aber wirtschaftliche Expertise
b) Hohe Erwartungen als Krisenmanager
c) Herausforderung durch innerparteiliche Strukturen
Die Konfrontation mit den USA
a) Trumps Drohungen könnten Handelsbeziehungen belasten
b) Kanadas Unabhängigkeit steht auf dem Spiel
c) Mögliche Gegenmaßnahmen der Regierung
Der Einfluss auf die Parlamentswahl
a) Liberale im Umfrage-Aufwind durch US-Konflikt
b) Konservative weiterhin starker Gegner
c) Frühzeitige Wahl als strategische Chance
Alle Angaben ohne Gewähr.
Titelbild: AFP