Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hat die russische Invasion der Ukraine als Beispiel für das Erstarken des Rechts des Stärkeren bezeichnet. "Wir sehen Versuche, die Rechtsstaatlichkeit durch das Recht des Stärkeren zu ersetzen", sagte Kallas am Dienstag in einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat. Die Vereinten Nationen seien 80 Jahre nach ihrer Gründung "beispiellosem Druck" ausgesetzt, erklärte die EU-Chefdiplomatin.
Die EU rufe zum Einhalten des Völkerrechts, des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte auf, betonte Kallas. "Sei es im Gazastreifen, im Sudan, in der Demokratischen Republik Kongo, in Myanmar, in Haiti oder in der Ukraine", fügte sie hinzu. Ein internationaler Konsens zur Einhaltung von Rechtsnormen sei essenziell, um weitere Konflikte und Krisen zu vermeiden.
Kallas forderte zudem einen unverzüglichen Abzug russischer Truppen aus der Ukraine. "Russland kann diesen Krieg jederzeit beenden - aber es hat sich entschieden, das nicht zu tun", sagte die EU-Außenbeauftragte. Eine nachhaltige Friedenslösung sei nur möglich, wenn das Völkerrecht respektiert werde.
Angesichts der israelischen Blockade von Hilfslieferungen in den Gazastreifen erklärte Kallas, dass humanitäre Hilfe nicht "politisiert oder an Bedingungen geknüpft werden" dürfe. Israel hatte die Blockade begonnen, um die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas zu einer Verlängerung der ersten Phase der Waffenruhe zu bewegen. Kallas forderte alle Konfliktparteien auf, sicherzustellen, dass humanitäre Hilfe ungehindert an die notleidende Zivilbevölkerung gelangt.
OZD / AFP
OZD-Kommentar
Kaja Kallas spricht in ihrer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat eine bittere Wahrheit aus: Die internationale Ordnung, die auf Rechtsstaatlichkeit und diplomatischen Prinzipien basieren sollte, gerät zunehmend unter Druck. Ihr Appell für die Achtung des Völkerrechts ist grundlegend richtig, doch die Realität sieht anders aus. Weder Russland noch andere Akteure, die sich dem Prinzip des Rechts des Stärkeren bedienen, zeigen Anzeichen eines Kurswechsels. Die UN können mahnen, appellieren und verurteilen - doch ohne ein geschlossenes und entschlossenes Handeln der internationalen Gemeinschaft bleibt die Durchsetzung des Völkerrechts ein Papiertiger. Sollte diese Entwicklung anhalten, droht eine Weltordnung, in der militärische Macht und wirtschaftlicher Einfluss mehr zählen als jede Regel oder jedes diplomatische Abkommen.
OZD-Analyse
1. Herausforderungen für die Rechtsstaatlichkeit in internationalen Konflikten:
a) Staaten wie Russland oder China zeigen, dass geopolitische Interessen oft Vorrang vor Völkerrecht haben.
b) Institutionen wie die UN oder der Internationale Strafgerichtshof können Verstöße nur begrenzt sanktionieren.
c) Fehlende Konsequenzen führen zur Nachahmung durch andere Staaten.
2. Auswirkungen auf internationale Konflikte:
a) Humanitäre Hilfe wird zunehmend als politisches Druckmittel missbraucht.
b) Waffenstillstände oder Friedensverhandlungen werden erschwert, da Machtpolitik dominiert.
c) Zivilgesellschaften leiden unter der Schwächung internationaler Normen.
3. Mögliche Konsequenzen für die Weltordnung:
a) Die Bedeutung multilateraler Institutionen wie der UN könnte weiter abnehmen.
b) Regionale Machtblöcke könnten autarker agieren und globale Absprachen umgehen.
c) Ohne klare Gegenmaßnahmen droht eine Zunahme von Konflikten durch aggressive Expansionspolitik.
OZD-Erklärungen
Was ist der UN-Sicherheitsrat?
Der UN-Sicherheitsrat ist das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen und fällt Beschlüsse zu Frieden und Sicherheit. Fünf ständige Mitglieder (USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien) besitzen ein Vetorecht, das oft zur Blockade führt.
Warum ist das Völkerrecht wichtig?
Das Völkerrecht regelt das friedliche Zusammenleben von Staaten und verbietet unter anderem Angriffskriege oder Kriegsverbrechen. Verstöße ohne Konsequenzen untergraben die gesamte internationale Ordnung.
Wie beeinflussen geopolitische Interessen das Völkerrecht?
Mächtige Staaten nutzen ihr wirtschaftliches und militärisches Gewicht, um völkerrechtliche Prinzipien zu umgehen oder für eigene Zwecke auszulegen. Dadurch entstehen Konflikte, bei denen Recht nicht mehr über Macht steht.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.
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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP