Die deutsche Bundesregierung hat ein neues milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine auf den Weg gebracht. Das Bundesfinanzministerium erteilte am Dienstag die Zustimmung zur Auszahlung von drei Milliarden Euro, um Kiews Verteidigung gegen die russische Invasion weiter zu unterstützen. Das Ministerium begründete die überplanmäßige Ausgabe mit der "kontinuierlich verschlechternden militärischen Lage" der Ukraine.
Das Geld soll vor allem für Luftverteidigung, gepanzerte Fahrzeuge, Artilleriesysteme sowie Drohnen und Schutzausrüstung verwendet werden. Knapp 2,55 Milliarden Euro werden als außerplanmäßige Ausgabe freigegeben, während 450 Millionen Euro aus der Europäischen Friedensfazilität (EPF) refinanziert werden. Zudem soll der Haushaltsausschuss des Bundestags am Freitag über eine weitere Verpflichtungsermächtigung von 8,25 Milliarden Euro für die Ukraine-Hilfe bis 2029 entscheiden.
In einem internen Schreiben an den Haushaltsausschuss skizziert das Finanzministerium ein alarmierendes Lagebild. Ohne verstärkte militärische Unterstützung sei die Ukraine "ernsthaft bedroht, den Verteidigungskampf gegen Russland zu verlieren". Ein solcher Ausgang würde nach Einschätzung der Bundesregierung auch eine "unmittelbare Bedrohung der europäischen Sicherheit" bedeuten.
Das Ministerium verweist zudem auf "Unwägbarkeiten und Unsicherheiten" bei der künftigen Unterstützung der Ukraine durch die USA. Die anhaltenden Debatten im US-Kongress über weitere Hilfen hätten dazu geführt, dass Kiew spätestens ab dem zweiten Quartal 2025 mit "Versorgungslücken" rechne. Daher sei es dringend notwendig, dass Deutschland und andere europäische Partner jetzt neue Beschaffungsverträge abschließen.
Erstmals umfasst das Paket auch Mittel für das Nachbarland Moldau. Das Finanzministerium erklärte, ein "geringer Teil" der Hilfsgelder solle zur "Ergänzung der zivilen und militärischen Sicherheitskräfte Moldaus" genutzt werden. Das kleine Land gilt als geopolitisch besonders gefährdet, da Russland bereits mehrfach versucht hat, dort Einfluss zu nehmen.
Die Freigabe der Mittel war seit Monaten Gegenstand politischer Diskussionen in Berlin. Noch vor dem Bruch der Ampel-Koalition gab es keine Einigung über die Finanzierung des Pakets. Nun wurde die Maßnahme in das größere Finanzpaket integriert, das Union, SPD und Grüne zuletzt ausgehandelt haben.
OZD-Kommentar:
Die Freigabe von drei Milliarden Euro für die Ukraine ist mehr als eine finanzielle Entscheidung – sie ist ein geopolitisches Signal. Berlin macht klar, dass es Kiew weiter unterstützen will, auch wenn andere Partner, insbesondere die USA, ins Straucheln geraten. Die Bundesregierung sieht die Ukraine in einer kritischen Phase, in der ein russischer Durchbruch immer wahrscheinlicher wird. Die überplanmäßige Ausgabe spiegelt also nicht nur Solidarität wider, sondern ist auch eine sicherheitspolitische Vorsichtsmaßnahme für Europa.
Sollte die militärische Lage weiter eskalieren und Russland bedeutende Geländegewinne erzielen, könnte Deutschland in eine noch tiefere Unterstützungsspirale geraten. Neue Forderungen nach weiteren Milliardenpaketen oder sogar direkter militärischer Unterstützung könnten die Debatte in Berlin anheizen. In diesem Fall würde sich zeigen, ob die politische Unterstützung für die Ukraine langfristig haltbar bleibt oder ob innenpolitischer Druck zu einer Kurskorrektur führt. Unabhängig davon ist klar: Die deutsche Hilfe für Kiew ist auf Jahre hinaus festgeschrieben – und damit eine zentrale Stellschraube in der europäischen Sicherheitspolitik.
OZD-Analyse:
Die Bewilligung des Milliardenpakets für die Ukraine zeigt, dass Berlin die Gefahr einer russischen Offensive zunehmend ernster nimmt. Die explizite Warnung vor einer möglichen Niederlage Kiews ist ungewöhnlich scharf formuliert und deutet darauf hin, dass Deutschland von einer weiteren Eskalation auf dem Schlachtfeld ausgeht. Besonders die Konzentration der Mittel auf Luftverteidigung und gepanzerte Fahrzeuge zeigt, dass die Bundesregierung die russische Strategie einer kontinuierlichen Zermürbung durch Artillerie und Raketenangriffe als akute Bedrohung sieht.
Ein weiterer zentraler Faktor ist die Unsicherheit über die US-Unterstützung. Washingtons Zögern, neue Hilfspakete freizugeben, hat die europäischen Verbündeten unter Zugzwang gesetzt. Sollte der US-Kongress weitere Mittel blockieren, könnte Deutschland gezwungen sein, seinen Beitrag noch weiter zu erhöhen. Die langfristigen Verpflichtungen bis 2029 deuten darauf hin, dass Berlin diesen Notfall bereits mit einplant.
Schließlich wirft das Paket Fragen zur Belastbarkeit der deutschen Finanzpolitik auf. Während Berlin Milliarden für Kiew freigibt, wird innerhalb der Regierung über Sparmaßnahmen und Haushaltskürzungen debattiert. Das könnte den innenpolitischen Druck auf Kanzler Olaf Scholz weiter erhöhen, insbesondere wenn der Krieg sich weiter hinzieht und neue Forderungen nach finanziellen Hilfen auftauchen. In jedem Fall zeigt die jüngste Entscheidung, dass Deutschland bereit ist, eine noch größere Rolle in der Unterstützung der Ukraine zu übernehmen – mit allen Risiken, die damit verbunden sind.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.