In Istanbul ist am Mittwoch der türkische Oppositionsführer Ekrem Imamoglu festgenommen worden. Kurz vor seiner geplanten Nominierung als Präsidentschaftskandidat wurde der Istanbuler Bürgermeister von der Polizei in seinem Haus abgeführt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wird gegen ihn wegen Korruption und Erpressung ermittelt. Seine Partei CHP nennt die Verhaftung einen „Putschversuch“ gegen die Demokratie.
Imamoglu selbst meldete sich per Video auf X zu Wort. Die Polizei sei mit „hunderten“ Beamten in sein Haus eingedrungen. „Ich vertraue auf meine Nation“, sagte er. Neben ihm wurden mehr als hundert Verdächtige, darunter CHP-Abgeordnete und Mitarbeiter der Stadtverwaltung, festgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft Imamoglu vor, Anführer einer „kriminellen Organisation“ zu sein und Vergaben manipuliert zu haben.
Zusätzlich soll es Ermittlungen wegen „Terrorismus“ geben. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtet von möglichen Verbindungen zur verbotenen PKK. Imamoglus Anhänger sehen in den Vorwürfen einen Versuch, ihn politisch auszuschalten. „Es ist ein Putsch, um den Willen des Volkes zu behindern“, sagte CHP-Chef Özgur Özel.
Die Festnahme hat das Land erschüttert. Der Istanbuler Gouverneur verbot Demonstrationen bis Sonntag, doch erste Proteste fanden dennoch statt. Vor der Polizeizentrale forderten Demonstranten den Rücktritt der Regierung. Der Taksim-Platz wurde abgesperrt. Wirtschaftlich hinterließ die Krise sofort Spuren: Die Börse in Istanbul setzte den Handel aus, nachdem der Leitindex fast sieben Prozent eingebrochen war. Die Lira fiel auf ein Rekordtief von 44,7 pro Euro.
Am Dienstag hatte die Universität Istanbul Imamoglus Hochschulabschluss aberkannt, was ihn von der Präsidentschaftswahl 2028 ausschließen könnte. Ein Hochschuldiplom ist Voraussetzung für eine Kandidatur. Präsident Erdogan war in der Vergangenheit selbst mit ähnlichen Vorwürfen konfrontiert, bestreitet jedoch jegliche Fälschung seines Abschlusses.
Imamoglu gilt als einer der gefährlichsten Rivalen Erdogans. Er wurde im März 2024 als Istanbuler Bürgermeister wiedergewählt und sollte am Sonntag offiziell als CHP-Kandidat für 2028 nominiert werden. Doch bereits 2023 wurde er durch ein Gerichtsurteil an einer Kandidatur gehindert. Auch derzeit läuft ein Verfahren gegen ihn wegen angeblicher „Beleidigung eines Beamten“. Vor Anhängern sprach er im Februar von „Schikane durch die Justiz“. OZD / ©AFP.
OZD-Analyse:
Hintergrund der Festnahme:
Imamoglu als wichtigste Oppositionsfigur vor Präsidentschaftswahl 2028
Ermittlungen wegen Korruption und Terrorismus-Vorwürfen
CHP sieht politische Motivation hinter den Anschuldigungen
Auswirkungen der Festnahme:
Politische Unruhe und Proteste in der TürkeiBörseneinbruch und massiver Wertverlust der LiraEskalation der innenpolitischen Krise
Strategie der Regierung:
Justiz als Mittel zur Ausschaltung politischer GegnerEinschränkung der Meinungsfreiheit und VersammlungsverboteEinschüchterung der Opposition vor den Wahlen
Zukunftsprognose:
Imamoglus Festnahme könnte landesweite Proteste auslösen.Die CHP wird versuchen, den politischen Druck auf Erdogan zu erhöhen.Die wirtschaftliche Instabilität könnte das Vertrauen in die Regierung weiter erschüttern.
OZD-Kurzprognose:
Die politische Lage in der Türkei spitzt sich zu. Die kommenden Tage könnten entscheidend für die Zukunft Imamoglus und die Opposition sein.
Faktensammlung:
Ort: Istanbul
Festnahme: Ekrem Imamoglu, mehrere CHP-Mitglieder
Vorwürfe: Korruption, Terrorismus, „kriminelle Organisation“
Proteste: Erste Kundgebungen trotz Versammlungsverbot
Wirtschaft: Börseneinbruch, Lira auf Rekordtief
Präsidentschaftswahl: Imamoglus Kandidatur gefährdet
Alle Angaben ohne Gewähr.
Bild: AFP