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Ist Argentinien noch zu retten?

Das argentinische Parlament hat Präsident Javier Milei grünes Licht für Verhandlungen mit dem IWF über ein neues Darlehen gegeben. Ziel ist die Stabilisierung der Wirtschaft und die Vermeidung eines Staatsbankrotts. Doch Mileis Sparkurs bleibt umstritten.

Das argentinische Parlament hat Präsident Javier Milei die notwendige Erlaubnis für Verhandlungen mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über ein neues Darlehen erteilt. Mit 129 gegen 108 Stimmen bei sechs Enthaltungen stimmte der Kongress am Mittwoch für das Dekret, das die Regierung befähigt, einen Kredit mit einer Laufzeit von zehn Jahren in bislang unbekannter Höhe zu vereinbaren.

Milei hatte das Parlament um Zustimmung gebeten, um die Devisenreserven der Zentralbank zu stabilisieren und anstehende Schuldenzahlungen zu sichern. Der Präsident sieht in dem neuen Darlehen eine Möglichkeit, bestehende Schulden der Regierung bei der Zentralbank zu begleichen und gleichzeitig die Inflation weiter einzudämmen. Aktuell belaufen sich Argentiniens Schulden beim IWF auf 44 Milliarden Dollar, ein Erbe aus dem umstrittenen Kredit, den die damalige Regierung unter Mauricio Macri 2018 aufgenommen hatte.

Das Land steckt seit Jahren in wirtschaftlichen Schwierigkeiten und unterliegt strengen Sparauflagen. Die Verhandlungen mit dem IWF über ein neues Hilfspaket gestalten sich schwierig, nachdem das letzte Programm zum Jahresende 2024 ausgelaufen war. Um die Krise zu bewältigen, verfolgt Milei seit seinem Amtsantritt im Dezember 2023 eine harte Sparpolitik, die unter anderem drastische Einschnitte bei den Staatsausgaben vorsieht. Dadurch konnte die Inflation von 211 Prozent Ende 2023 auf aktuell 66 Prozent gesenkt werden, was dennoch eine der höchsten Raten weltweit bleibt. Zudem verzeichnete die Regierung erstmals seit 2020 einen Haushaltsüberschuss.

Die wirtschaftlichen Einschnitte haben jedoch massive soziale Folgen. Seit Mileis Amtsantritt sind über 185.000 Arbeitsplätze weggefallen, die Wirtschaft steckt in einer Rezession, und die Armutsquote liegt je nach Quelle zwischen 40 und 50 Prozent. Proteste gegen den Sparkurs nehmen zu, dennoch kann der Präsident laut Umfragen weiterhin auf die Unterstützung von bis zur Hälfte der Bevölkerung zählen. Viele hoffen, dass seine Reformen langfristig eine wirtschaftliche Erholung bringen. Der IWF prognostiziert für Argentinien ein Wirtschaftswachstum von fünf Prozent im Jahr 2025, doch ob dieses den sozialen Druck lindern kann, bleibt ungewiss.

OZD / AFP


OZD-Kommentar

Javier Milei treibt Argentinien mit voller Kraft durch eine radikale Schocktherapie. Die Senkung der Inflation und der Haushaltsüberschuss sind zweifellos wirtschaftliche Erfolge, doch die sozialen Kosten sind immens. Massenentlassungen, steigende Armut und eine schrumpfende Wirtschaft zeigen, dass Sparmaßnahmen allein kein nachhaltiges Konzept sind. Die Verhandlungen mit dem IWF sind riskant: Während Milei hofft, mit neuen Krediten Stabilität zu gewinnen, könnte das Land in eine noch tiefere Schuldenfalle geraten. Sollte der Wirtschaftsaufschwung ausbleiben, könnte der Protest auf den Straßen das größte Problem seiner Regierung werden. Eine Regierung, die von der Zustimmung der Bevölkerung lebt, muss sich langfristig an den Ergebnissen messen lassen. Wenn die angekündigten Erfolge ausbleiben, droht Milei das Schicksal vieler radikaler Reformer: ein jähes politisches Ende.


OZD-Analyse

Argentinien befindet sich in einer wirtschaftlichen Gratwanderung. Präsident Milei setzt auf radikale Einsparungen und eine aggressive Inflationsbekämpfung, doch die sozialen Auswirkungen sind massiv. Die Zustimmung des Parlaments zu neuen IWF-Verhandlungen zeigt, dass Mileis Regierung trotz Widerstand handlungsfähig bleibt. Die zentrale Frage ist jedoch, ob das neue Darlehen tatsächlich die wirtschaftliche Stabilität sichern kann oder nur neue Abhängigkeiten schafft.

Die Sparmaßnahmen haben die Inflation zwar stark reduziert, doch die Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise. Massenarbeitslosigkeit und soziale Unruhen sind ein ernstzunehmendes Risiko für Mileis Regierung. Gleichzeitig deutet das prognostizierte Wirtschaftswachstum darauf hin, dass sein Plan auf lange Sicht aufgehen könnte. Falls sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verbessern, könnte Milei gestärkt aus der Krise hervorgehen. Gelingt ihm das nicht, könnten sich die Proteste weiter ausweiten und seine Regierung gefährden.

Die nächsten Monate werden entscheidend sein. Sollte der IWF-Kredit ausgezahlt werden, könnten kurzfristige Finanzprobleme gelöst werden. Ob das ausreicht, um das Vertrauen der Bevölkerung langfristig zu sichern, bleibt jedoch fraglich. Sollte Mileis Plan scheitern, droht Argentinien eine weitere Schuldenkrise – mit möglicherweise noch drastischeren Folgen als in der Vergangenheit.

Erklärungen

Wer ist Javier Milei?
Javier Milei ist ein argentinischer Wirtschaftswissenschaftler und Politiker, der seit Dezember 2023 als Präsident Argentiniens amtiert. Der als rechtspopulistisch geltende Politiker erlangte mit radikalen wirtschaftspolitischen Forderungen Bekanntheit. Milei vertritt eine libertäre Wirtschaftsagenda mit dem Ziel, die Staatsausgaben drastisch zu senken und die Inflation zu bekämpfen.

Was ist der Internationale Währungsfonds (IWF)?
Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist eine internationale Organisation, die 1944 gegründet wurde, um die Stabilität des globalen Finanzsystems zu fördern. Er vergibt Kredite an Mitgliedstaaten mit wirtschaftlichen Problemen, knüpft diese aber oft an strikte Reformauflagen. Argentinien gehört zu den Ländern, die in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach IWF-Kredite in Anspruch genommen haben, zuletzt 2018 unter der Regierung von Mauricio Macri.

Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.


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Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP