Die deutschen Krankenhäuser verzeichnen einen massiven Zuwachs an ausländischen Medizinerinnen und Medizinern. Zwischen 2000 und 2023 stieg deren Zahl von 6581 auf 50.843 – ein Anstieg um satte 673 Prozent. Das geht aus dem am Freitag veröffentlichten Fachkräftemonitoring der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) hervor. Die neuen Zahlen machen deutlich, wie sehr das Gesundheitssystem mittlerweile auf internationales Personal angewiesen ist.
Insgesamt wurden seit der Jahrtausendwende 276.000 zusätzliche Stellen in deutschen Kliniken geschaffen. Damit stieg die Gesamtzahl der Krankenhausbeschäftigten auf 1,42 Millionen. Besonders deutlich war der Anstieg bei Ärztinnen und Ärzten: Ihre Zahl wuchs von 122.000 auf 212.000. Auch die größte Berufsgruppe im Krankenhaus, die Pflege, legte zu – von 414.478 auf 528.323 Beschäftigte.
Die DKG führt den Anstieg auf politische und rechtliche Vorgaben zurück. So hätten etwa die Einführung von Pflegepersonaluntergrenzen und die europäische Arbeitszeitrichtlinie das Personalwachstum erzwungen. Doch dieser Ausbau stößt an Grenzen: „Bürokratie frisst Personal“, warnte die stellvertretende DKG-Vorstandsvorsitzende Henriette Neumeyer. Der zusätzliche Dokumentationsaufwand lasse die Wirkung des Stellenzuwachses teilweise verpuffen.
Neumeyer machte auch deutlich, dass die Entwicklung noch lange nicht am Ziel sei. Der Fachkräftemangel bleibe eine „gewaltige Herausforderung“. Allein in den kommenden zehn Jahren werden rund 300.000 Krankenhausbeschäftigte altersbedingt ausscheiden. Das jetzt erstmals vorgestellte Fachkräftemonitoring des Deutschen Krankenhausinstituts soll künftig jährlich erscheinen und regelmäßig Aufschluss über den Zustand des Krankenhauspersonals geben.
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OZD-Analyse
1. Deutlicher Anstieg ausländischer Mediziner in Deutschland
– Die Zahl ausländischer Ärztinnen und Ärzte in deutschen Krankenhäusern hat sich von 2000 bis 2023 nahezu verachtfacht
– Der Anteil ausländischer Mediziner wächst kontinuierlich – besonders aus Ländern außerhalb der EU
– Diese Entwicklung ist eine direkte Folge des Fachkräftemangels, der durch gezielte Zuwanderung gemildert werden soll
2. Personalaufbau in Kliniken – aber unter Druck
– Seit 2000 stieg die Zahl der Krankenhausbeschäftigten um 276.000
– Gesetzliche Maßnahmen wie Pflegepersonaluntergrenzen und EU-Arbeitszeitvorgaben trieben den Anstieg
– Gleichzeitig wächst die Bürokratie – Zeit für Patienten wird durch Dokumentationspflichten reduziert
– Trotz Personalzuwachs bleiben Strukturen in vielen Kliniken angespannt
3. Wahrscheinliche Entwicklung in den kommenden Jahren
a) Weitere Internationalisierung der Belegschaften (60 %)
– Krankenhäuser setzen weiter auf internationale Rekrutierung
– Engpässe im Inland können kurz- bis mittelfristig nicht vollständig behoben werden
– Anerkennungsverfahren für ausländische Abschlüsse könnten beschleunigt werden
– Zuwanderung wird strategisch als Lösung genutzt
– Neue Integrationskonzepte in Kliniken erforderlich
b) Verschärfung des Fachkräftemangels trotz Zuwachs (30 %)
– Demografie lässt tausende Fachkräfte ausscheiden
– Nachwuchsprobleme in der Pflege und im ärztlichen Dienst
– Mögliche Qualitätsprobleme durch überlastetes Personal
– Bürokratieabbau bleibt aus
– Versorgungsqualität leidet unter strukturellem Druck
c) Technologische Entlastung durch Digitalisierung (10 %)
– Digitalisierung könnte Arbeitsprozesse beschleunigen
– Automatisierung in Dokumentation und Verwaltung
– Pilotprojekte mit KI-gestützten Assistenzsystemen in Kliniken
OZD-Erklärungen
Was ist die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)?
Die DKG ist die zentrale Interessenvertretung der Krankenhäuser in
Deutschland. Sie vertritt rund 1900 Krankenhausträger und ist
Gesprächspartner für Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit.
Was ist das Fachkräftemonitoring?
Das Fachkräftemonitoring der DKG liefert jährlich eine umfassende
Datenauswertung zur Beschäftigtenstruktur in deutschen Krankenhäusern.
Es beleuchtet Entwicklungen in ärztlichen, pflegerischen und sonstigen
Gesundheitsberufen.
Was sind Pflegepersonaluntergrenzen?
Diese gesetzlich vorgeschriebenen Mindestvorgaben regeln, wie viele
Pflegekräfte in bestimmten Krankenhausbereichen mindestens eingesetzt
werden müssen. Sie sollen die Patientensicherheit erhöhen und
Überlastung des Personals verhindern.
Alle Angaben ohne Gewähr. Titelbild AFP.