Die Knesset verabschiedete das Gesetz mit 67 Ja-Stimmen bei einer Gegenstimme. Die Opposition boykottierte die Abstimmung.
Hintergründe und Kontext
Das Gesetz ist Teil der von Regierungschef Benjamin Netanjahu forcierten Justizreform, die 2023 massive Proteste auslöste. Nach dem Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 wurden die Reformpläne zunächst ausgesetzt. Nun nimmt die Regierung die Vorhaben wieder auf, während sie sich in einem Machtkampf mit dem Obersten Gerichtshof befindet. Die Entlassung des Inlandsgeheimdienstchefs Ronen Bar sowie das Amtsenthebungsverfahren gegen Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara verschärfen die innenpolitische Krise zusätzlich.
Positionen der Beteiligten
Regierung: Justizminister Jariv Levin argumentiert, das Gesetz stelle das „Gleichgewicht“ zwischen Legislative und Judikative wieder her.
Opposition: Oppositionsführer Jair Lapid legte umgehend Berufung beim Obersten Gerichtshof ein und kritisierte, die Regierung konzentriere sich nicht auf die Freilassung israelischer Geiseln, sondern spalte das Land weiter.
Zivilgesellschaft: Protestierende in Tel Aviv und anderen Städten schwenkten israelische Flaggen und kritisierten die Regierung. Ex-Polizeichef Roni Alscheich sagte in Jerusalem: „Ihr werdet diejenigen sein, die den Staat Israel retten.“
Analyse
Die Justizreform ist eine der umstrittensten innenpolitischen Maßnahmen der letzten Jahrzehnte in Israel. Kritiker sehen darin einen Versuch, die Gewaltenteilung zugunsten der Exekutive auszuhebeln und unabhängige Kontrollinstanzen zu schwächen. Die Wiederaufnahme der Reform trotz des Gaza-Kriegs deutet darauf hin, dass Netanjahu seine politischen Interessen priorisiert. Gleichzeitig vertieft sich die Spaltung der israelischen Gesellschaft, da viele Bürger das Vorgehen als Angriff auf die Demokratie wahrnehmen.
Prognose
Die Eskalation des Machtkampfs zwischen Regierung und Justiz könnte zu weiteren Massenprotesten führen. Sollte das Oberste Gericht das Gesetz kippen, wäre eine Verfassungskrise denkbar. Auch international könnte der Druck auf Netanjahu steigen, da westliche Staaten bereits Besorgnis über die Erosion demokratischer Prinzipien geäußert haben. Innenpolitisch könnte der anhaltende Widerstand langfristig die Stabilität der Regierungskoalition gefährden.
OZD/AFP
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