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Opposition in der Türkei verurteilt Misshandlung festgehaltener Studenten

Der CHP-Chef Özgur Özel sprach von „psychologischer Folter“ und forderte die sofortige Freilassung der Verhafteten.

Nach den Massenprotesten gegen die Inhaftierung von Ekrem Imamoglu prangerte die größte Oppositionspartei CHP die Behandlung der festgehaltenen Demonstranten an. CHP-Chef Özgur Özel besuchte das Istanbuler Gefängnis Silivri und berichtete anschließend, dass die Studenten über Stunden festgehalten wurden, ohne über ihr Ziel informiert zu werden. Laut Özel seien sie „Beschimpfungen und Misshandlungen“ ausgesetzt gewesen, darunter „Tritte gegen den Kopf“ und „Druckausübungen auf ihren Kopf“.

Özel forderte die sofortige Freilassung der Gefangenen, da sie „kein Blut an ihren Händen“ hätten. Grundsätzlich gehe es ihnen gut, sie sollten jedoch nicht „18 bis 20 Tage bis zu ihrer ersten Anhörung im Gefängnis gehalten werden“.

Laut dem türkischen Innenministerium wurden seit den Protesten am 19. März etwa 2000 Menschen festgenommen, darunter auch mehrere Journalisten. 260 Personen befinden sich derzeit in Untersuchungshaft.

Imamoglu gilt als wichtigster innenpolitischer Gegner von Präsident Recep Tayyip Erdogan. Trotz seiner Inhaftierung hat die CHP ihn als Kandidaten für die Präsidentschaftswahl 2028 nominiert. In den kommenden Wochen plant die Opposition landesweite Proteste.

OZD/AFP


Kommentar

Ein fragwürdiges Demokratieverständnis

Recep Tayyip Erdogan präsentiert sich gerne als demokratisch gewählter Staatschef, doch sein Umgang mit Opposition und Protestbewegungen spricht eine andere Sprache. Die jüngsten Massenfestnahmen nach den Demonstrationen für Ekrem Imamoglu zeigen erneut, dass Kritik in der Türkei nicht toleriert wird. Oppositionelle Stimmen werden systematisch unterdrückt, unabhängige Medien drangsaliert und friedliche Proteste gewaltsam niedergeschlagen. Wer Erdogans Politik hinterfragt, riskiert Repressionen oder gar Gefängnis.

Ein demokratisches System lebt von Meinungsvielfalt und Rechtsstaatlichkeit – beides scheint unter Erdogans Herrschaft zunehmend ausgehöhlt zu werden. Die Verhaftung eines populären Oppositionspolitikers kurz vor einer Wahl, das Festhalten von Studenten ohne klare Anklage und die Einschüchterung von Journalisten sind klare Zeichen eines autoritären Kurses. Erdogan nutzt demokratische Strukturen, um seine Macht zu sichern, doch wahre Demokratie bedeutet mehr als Wahlen – sie erfordert auch Fairness, Transparenz und Respekt für politische Gegner.

Solange in der Türkei willkürliche Verhaftungen, politische Prozesse und die Einschränkung der Pressefreiheit an der Tagesordnung sind, bleibt Erdogans „Demokratieverständnis“ eine leere Hülle. Wer Kritik als Bedrohung betrachtet, hat den eigentlichen Kern der Demokratie längst verloren.


Alle Angaben ohne Gewähr.

Bild: AFP