Wenn das Grauen Alltag wird
Ein Spielplatz. Ein Ort, an dem Kinder lachen, rennen, schreien dürfen – vor Freude, nicht aus Angst. Doch in Krywyj Rih, der Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, wurde genau dieser Ort zur Todesfalle. Eine russische Rakete trifft ein Wohnviertel, reißt Familien auseinander. 18 Menschen sterben allein dort – 9 von ihnen Kinder. Es sind Bilder, die den Atem rauben. Und es sind nicht die ersten.
Es ist der 6. April 2025. Wir schreiben das dritte Jahr des großflächigen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Und noch immer scheint das Töten kein Ende zu finden. Noch immer trifft militärische Brutalität auf ziviles Leben. Noch immer hallen die Warnsirenen durch die Städte, unterbrechen den Schlaf, das Spiel, das Leben.
Russlands Sprache: Tod und Zerstörung
Dass Russland an jenem Wochenende gleich mehrere Städte mit insgesamt über 130 Raketen und Drohnen angreift, zeigt: Es ist nicht der eine, gezielte Schlag – es ist systematischer Terror. Ein Drohnenangriff tötet eine 56-jährige Frau, ein weiterer ein Fernsehstudio. In Kiew stirbt ein Mensch, mehrere werden verletzt. Und wieder stellt sich die immer gleiche Frage: Warum?
Russlands Verteidigungsministerium spricht zeitgleich von „Erfolgen“ an der Front in der Region Sumy. Das klingt nüchtern, technisch, militärisch – als ob es ein Spiel sei. Doch der Preis dieser sogenannten Erfolge ist hoch: tote Kinder, zerstörte Häuser, verlorene Leben.
Worte, die fehlen – und Worte, die zählen
Inmitten all dessen: diplomatische Sprachlosigkeit. Als die US-Botschafterin in Kiew, Bridget Brink, den Angriff nicht klar Russland zuordnet, reagiert Präsident Selenskyj scharf – und zurecht. Wenn selbst das Offensichtliche nicht mehr benannt wird, wenn „russische Rakete“ zu einem politischen Problem wird, während sie reale Menschen tötet, dann ist das eine Bankrotterklärung moralischer Klarheit. Erst später nennt Brink Russland doch den Aggressor. Zu spät?
Die Welt darf nicht abstumpfen
Es wäre so einfach, diese Angriffe als „weiteren Vorfall“ im andauernden Krieg einzuordnen. Doch das wäre eine gefährliche Normalisierung. Denn das, was in Krywyj Rih geschah, ist kein Kollateralschaden – es ist ein gezielter Angriff auf das zivile Leben, ein Kriegsverbrechen. Der UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk nennt es, was es ist: eine rücksichtslose Missachtung zivilen Lebens.
Selenskyj ruft die Weltgemeinschaft zum Handeln auf. „Der Druck auf Russland ist noch nicht genug.“ Eine ernüchternde Feststellung. Denn solange Moskau weiterbombt, solange Spielplätze zu Tatorten werden, solange Angst statt Kindheit herrscht – solange reicht es eben nicht.
OZD
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Bild: AFP