US-Präsident Donald Trump hat mal wieder für eine Überraschung gesorgt – diesmal mit einem ungewöhnlich versöhnlichen Schritt im Zollstreit. Die angekündigte "90-tägige Pause" mit einem auf zehn Prozent reduzierten Zollsatz für über 75 Länder, darunter auch die Europäische Union, wirkt auf den ersten Blick wie ein Hoffnungsschimmer. Doch ist dieser Schritt Ausdruck echter Verhandlungsbereitschaft – oder eher ein taktischer Schachzug im globalen Handelsgefecht?
Europa atmet auf – vorerst. Friedrich Merz spricht von der "Entschlossenheit der Europäer", Donald Tusk ruft zur Nutzung des Zeitfensters auf. Doch der Schritt des US-Präsidenten kommt nicht aus heiterem Himmel. Die globalen Märkte hatten heftig auf Trumps Zollschraube reagiert, die Börsen stürzten ab. Mit der jetzigen Lockerung folgt der Präsident nicht nur einem ökonomischen Kalkül, sondern auch dem Bedürfnis nach innenpolitischer Stabilisierung. Die Euphorie an der Wall Street bestätigt: Für Trump zählt der Moment – und der Effekt auf sein Image.
Gleichzeitig aber bleibt China der große Antagonist in Trumps Erzählung. Mit einem drastischen Zollsatz von 125 Prozent zeigt er Peking die kalte Schulter – und riskiert damit eine weitere Eskalation. Die Chefin der WTO warnt vor massiven Schäden für die Weltwirtschaft. Die Zahlen sprechen für sich: 80 Prozent Rückgang im Handelsvolumen zwischen den USA und China wären ein schwerer Schlag für die globalen Lieferketten.
Die EU hingegen darf hoffen – auf Entspannung, vielleicht sogar auf einen Neuanfang im transatlantischen Handel. Doch wer Trump kennt, weiß: Kein Deal ist sicher, kein Wort endgültig. Die nächsten 90 Tage werden zum diplomatischen Stresstest. Europa muss die Gelegenheit nutzen, um nicht nur von Zöllen, sondern von strategischer Unabhängigkeit zu sprechen.
Denn eines ist klar: Wer sich von Trumps Laune abhängig macht, bleibt am Ende Spielball.
OZD/AFP
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