Meinung & Analyse
Mit der Erhöhung der Vergeltungszölle auf 125 Prozent macht Peking unmissverständlich klar: Wer China provoziert, muss mit scharfer Gegenwehr rechnen. Die USA hatten ihrerseits die Zölle auf chinesische Waren auf 145 Prozent angehoben. In dieser Eskalationsspirale verliert am Ende vor allem eins – die globale Wirtschaft.
Wer verliert mehr – China oder die USA?
Ein Blick auf die Zahlen und Abhängigkeiten zeigt: Beide Seiten zahlen einen hohen Preis, doch die USA könnten den größeren Schaden davontragen – zumindest mittelfristig. Chinesische Produkte sind in den USA allgegenwärtig. Ob Elektronik, Textilien oder Maschinen – US-Verbraucher und Unternehmen sind stark auf günstige Importe aus China angewiesen. Die drastische Anhebung der Einfuhrzölle bedeutet für sie: höhere Preise, Produktionsverzögerungen, Inflation.
China hingegen hat in den vergangenen Jahren aktiv an der Diversifizierung seiner Märkte gearbeitet. Die sogenannte „Neue Seidenstraße“, aber auch verstärkte Beziehungen zu Ländern in Afrika, Südamerika – und nun verstärkt zur EU – bieten Alternativen. Peking weiß: Die Zeiten, in denen es sich allein auf den US-Markt verlassen konnte, sind vorbei.
Zwar leiden auch chinesische Exporteure unter den Strafzöllen – doch viele dieser Unternehmen genießen staatliche Unterstützung und haben im Inland sowie in Schwellenländern wachsende Absatzmärkte. Und nicht zuletzt hat China mit einem Binnenmarkt von über 1,4 Milliarden Menschen noch Spielraum, um kurzfristige Einbußen abzufedern.
Strategische EU-Annäherung als kluger Zug
Auffällig ist die gleichzeitige diplomatische Charmeoffensive gegenüber Europa. Präsident Xi Jinping sprach bei seinem Treffen mit dem spanischen Regierungschef Pedro Sánchez von „gemeinsamen Interessen“ und „internationaler Fairness“. Tatsächlich steht die EU – trotz eigener Kritik an Chinas Handelspraktiken – wirtschaftspolitisch zunehmend zwischen den Fronten.
Während die USA unter Trump wieder zur Zollkeule greifen, versucht China, sich als Partner der Vernunft zu inszenieren. Doch Vorsicht ist geboten: Die EU sollte sich nicht zum Spielball zwischen zwei Großmächten machen lassen. Stattdessen braucht es eine eigenständige, strategisch durchdachte Handelspolitik – mit klaren Regeln, aber auch offener Tür für Dialoge auf Augenhöhe.
Fazit:
Der wirtschaftliche Schaden ist real und spürbar – auf beiden Seiten des Pazifiks. Doch in einem global verflochtenen System wie dem unseren sind Handelskriege keine Nullsummenspiele. Alle verlieren. China scheint strategisch klüger zu agieren, indem es diplomatische Alternativen aufbaut. Die USA hingegen riskieren mit ihrer erratischen Politik langfristige Vertrauensverluste. Gewinner gibt es keine – aber klüger handeln könnte man allemal.
OZD
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Bild: AFP