Mit dem Tod von Mario Vargas Llosa verliert die Welt einen der letzten großen Vertreter der lateinamerikanischen Literaturbewegung des 20. Jahrhunderts. Sein Lebenswerk ist geprägt von literarischer Tiefe, politischer Leidenschaft und einem unermüdlichen Streben nach Wahrheit – auch dann, wenn sie unbequem war.
Geboren am 28. März 1936 in Arequipa, Peru, durchlebte Vargas Llosa früh die Spannungen zwischen persönlicher Freiheit und autoritärer Macht – ein wiederkehrendes Motiv in vielen seiner Werke. Aus bescheidenen Verhältnissen stammend, begann er seine Karriere als Journalist, bevor er sich als Romanautor weltweit einen Namen machte. Werke wie „Die Stadt und die Hunde“, „Der Krieg am Ende der Welt“ oder „Das Fest des Ziegenbocks“ zeigen seine Fähigkeit, komplexe politische und gesellschaftliche Strukturen in dichte, fesselnde Erzählungen zu verwandeln.
Mit seinem Roman „Das böse Mädchen“ bewies er erneut seine erzählerische Brillanz – eine Geschichte über Liebe, Obsession und Identität, die über Jahrzehnte hinweg die Leser bewegte. Doch Vargas Llosa war mehr als ein Schriftsteller. Er war auch ein politischer Denker, ein öffentlicher Intellektueller, der sich nicht scheute, Stellung zu beziehen. Seine Kandidatur bei der peruanischen Präsidentschaftswahl 1990, bei der er dem später autoritär regierenden Alberto Fujimori unterlag, war Ausdruck seines tiefen Glaubens an die Demokratie.
Dieser Einsatz für Freiheit brachte ihm Bewunderung, aber auch Kritik ein – insbesondere wegen seiner konservativen Haltung in späteren Jahren. Linke Intellektuelle in Südamerika warfen ihm vor, sich von seinen revolutionären Anfängen entfernt zu haben. Doch genau diese Wandlungsfähigkeit war es, die ihn auszeichnete: Vargas Llosa blieb Zeit seines Lebens ein unabhängiger Geist.
Als er 2010 mit dem Nobelpreis für Literatur ausgezeichnet wurde, würdigte das Komitee seine „Kartographie der Machtstrukturen und scharfsinnigen Bilder des individuellen Widerstands, der Revolte und des Scheiterns“. Worte, die seinem Werk und seinem Leben gerecht werden.
In den letzten Monaten hatte sich Vargas Llosa zurückgezogen, fern der Öffentlichkeit, inmitten seiner Familie. Dass er nun – kurz vor seinem 90. Geburtstag – in Frieden gegangen ist, schließt ein Kapitel der Weltliteratur.
Mario Vargas Llosa hinterlässt ein reiches literarisches Erbe, das Generationen von Leserinnen und Lesern inspirieren wird. Seine Stimme – klar, kompromisslos und oft unbequem – wird in den Seiten seiner Romane weiterleben. Ein großer Autor ist gegangen. Seine Geschichten bleiben.
OZD/AFP
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