Die jüngste Begegnung zwischen US-Vizepräsident JD Vance und Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin im Vatikan lässt tief blicken – nicht nur in diplomatischer, sondern auch in symbolpolitischer Hinsicht. Es ist mehr als nur ein Höflichkeitsbesuch. Vielmehr scheint sich hier die Trump-Regierung eines weiteren machtvollen Symbols zu bedienen: der römisch-katholischen Kirche.
Dass JD Vance, ein vor fünf Jahren konvertierter Katholik, gerade jetzt einen so hochrangigen Empfang im Apostolischen Palast erhält, während Papst Franziskus sich von einer schweren Lungenentzündung erholt, wirkt wie ein gezielt gesetzter Schritt. Es ist ein stilles, aber deutliches Zeichen: Auch ohne direkte Begegnung mit dem Papst will die US-Regierung Präsenz zeigen – im Herzen der katholischen Welt, in einer Zeit globaler humanitärer Krisen.
Das Gespräch sei "herzlich" gewesen, meldet der Vatikan – eine diplomatische Formel, hinter der sich nicht nur Freundlichkeiten, sondern auch Spannungen verbergen können. Themen wie Migration, Flüchtlinge und politische Gefangene standen im Mittelpunkt, und das ausgerechnet wenige Wochen nach Franziskus' scharfer Kritik an den Massenabschiebeplänen von Präsident Trump. Der Papst appellierte damals an die Menschlichkeit und die christliche Verantwortung gegenüber Migranten – woraufhin aus dem Weißen Haus die knappe Ansage kam, er solle sich "an die Religion halten".
Doch genau diese Religion wird nun von Vance in Szene gesetzt. Mit Ehefrau und Kindern an der Karfreitagsliturgie, nun im Gespräch mit der Spitze der vatikanischen Diplomatie – das Bild einer frommen, werteorientierten Vizepräsidentenfamilie ist kein Zufall. Es ist Botschaft. Innen- wie außenpolitisch. Während man in den USA versucht, mit "law and order"-Politik Wähler am rechten Rand zu halten, zeigt man sich in Rom als Verteidiger der Religionsfreiheit und der "Schwächsten der Gesellschaft".
Dass dabei die politische Realität der Trump-Administration – mit Zöllen, Grenzmauern und Rhetorik gegen internationale Institutionen – oft diametral zu den Aussagen des Vatikan steht, scheint nebensächlich zu sein. Wichtig ist, dass man gesehen wird. Und dass man das Vakuum nutzt, das der erkrankte Papst hinterlässt.
Ob es zu einem persönlichen Treffen zwischen Franziskus und Vance kommt, bleibt offen. Vielleicht ist es sogar besser, wenn es dabei bleibt. Denn ein solches Zusammentreffen wäre nicht nur ein diplomatisches Minenfeld – es würde auch den Gegensatz zwischen christlicher Ethik und politischem Kalkül unverhohlen sichtbar machen.
Fazit: Die Trump-Regierung lässt kein Mittel aus, um ihre Botschaften zu platzieren – notfalls auch im Schatten des Petersdoms. Und der Vatikan? Der bleibt diplomatisch freundlich – doch das letzte Wort, das bleibt unausgesprochen.
OZD/vB
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Bild: AFP