Mitten am Tag, um 12:49 Uhr Ortszeit, riss ein Erdbeben der Stärke 6,2 den Alltag aus seinen Fugen. Nur 13 Sekunden – doch sie reichten, um Panik zu säen: Menschen rannten schreiend auf die Straßen, Hausbewohner stürzten sich aus Fenstern, Kinder weinten, während das Marmara-Meer die Schuld trug an der Erschütterung, die ganz Istanbul zittern ließ.
Innenminister Ali Yerlikaya sprach von über 50 Nachbeben – das stärkste davon immerhin mit einer Magnitude von 5,9. Kein Wunder, dass Tausende ihre Wohnungen verließen und Schutz auf offener Straße suchten. Die Bilder: wackelnde Leuchtreklamen, Menschen mit Decken auf Bürgersteigen, aufgerissene Augen überall.
Glück im Unglück: Schwerverletzte oder Tote gab es laut Behörden nicht. Aber: 151 Menschen wurden in Krankenhäuser eingeliefert – nicht wegen herabfallender Trümmer, sondern weil sie aus Panik aus Fenstern und von Balkonen sprangen. In der Altstadt von Fatih stürzte ein leerstehendes Haus ein. Schulen und Universitäten bleiben bis mindestens zum Wochenende geschlossen.
Und dann ist da noch die allgegenwärtige Angst, die Istanbul nie ganz loswird – die Angst vor dem "Big One", dem katastrophalen Beben, das Experten in den nächsten fünf Jahren für möglich halten. Eine tickende Zeitbombe, 15 Kilometer südlich, verborgen unter der Nordanatolischen Verwerfung, einer der gefährlichsten Bruchlinien der Welt.
Präsident Erdogan meldete sich zu Wort – er verfolge die Lage „genau“, ließ er verlauten. Mehr nicht. In Sofia, Bulgarien, wackelten die Gläser ebenfalls. Aber das Epizentrum bleibt Istanbul. Eine Stadt, die nicht nur auf einem Kulturfundament, sondern auf einem Pulverfass gebaut ist.
OZD
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Bild: AFP