Deutschland entfernt sich immer weiter von einer sozialen Balance. Laut dem aktuellen Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands leben inzwischen rund 13 Millionen Menschen – das sind 15,5 Prozent der Bevölkerung – in Armut. Besonders bitter: Die Kaufkraft dieser Menschen hat sich weiter verschlechtert. Wer heute unter der Armutsgrenze lebt, muss im Schnitt mit 921 Euro im Monat auskommen – 60 Euro weniger als noch 2020.
Was das bedeutet, zeigt ein Blick auf den Alltag der Betroffenen: Kein Geld für neue Kleidung, keine Möglichkeit, die Wohnung angemessen zu heizen, oft sogar keine regelmäßige warme Mahlzeit. Für viele ist selbst ein defekter Kühlschrank ein finanzielles Problem, das nicht ohne Weiteres gelöst werden kann. Mehr als 5 Millionen Menschen in Deutschland leben laut Bericht in "erheblicher materieller Entbehrung". Darunter auch 1,1 Millionen Kinder und 1,2 Millionen Menschen mit Vollzeitjob – ein Alarmsignal.
Besonders betroffen sind Alleinerziehende, ältere Menschen, vor allem Frauen, sowie junge Erwachsene. Auch Menschen ohne deutschen Pass sind überdurchschnittlich häufig arm – rund 30 Prozent der Armutsbetroffenen sind Ausländerinnen und Ausländer.
Gleichzeitig zeigt der Bericht eine erschreckende Schieflage: Während unten gespart, gekürzt und verzichtet wird, wächst oben das Vermögen. Die Zahl der Milliardäre in Deutschland ist trotz Inflation und Krisen weiter gestiegen. VdK-Präsidentin Verena Bentele spricht von einer klaffenden Gerechtigkeitslücke und fordert von der neuen Bundesregierung endlich konsequente Umverteilung durch gerechte Steuern auf Vermögen und Erbschaften.
Regional zeigen sich ebenfalls große Unterschiede: Während in Bayern "nur" 11,8 Prozent der Menschen armutsgefährdet sind, liegt die Quote in Sachsen-Anhalt bei 22,3 Prozent und in Bremen sogar bei 25,9 Prozent. Auch wenn der Bericht die steigende Zahl sozialversicherungspflichtiger Jobs und den Effekt von Mindestlohn und Wohngeldreform positiv erwähnt – das reicht nicht aus, um die Armut zu bremsen.
Der Paritätische fordert ein umfassendes Maßnahmenpaket: Stärkung der Renten, Bekämpfung von Familienarmut, Ausbau der Grundsicherung und vor allem eine Politik, die Armut nicht mehr bloß verwaltet, sondern aktiv beseitigt.
OZD
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