Mit scharfen Worten kündigte US-Außenminister Marco Rubio das mögliche Ende der amerikanischen Vermittlungsrolle im Ukraine-Krieg an. Der Druck auf Kiew und Moskau, "konkrete Vorschläge" zu liefern, wirkt wie eine doppelte Absicherung: Wer nicht spurt, wird fallen gelassen – dabei bleibt unklar, ob Washington überhaupt an einer echten Friedenslösung interessiert ist.
Außenamtssprecherin Tammy Bruce erklärte, dass bei weiterem "Stillstand" die USA ihre diplomatische Rolle aufgeben könnten. Solche Töne irritieren. Ein Land, das sich seit Jahrzehnten als globaler Ordnungshüter geriert, lässt seine Partner fallen, wenn es politisch nicht opportun erscheint? Gleichzeitig meldet Präsident Trump Ambitionen, binnen 24 Stunden Frieden zu schaffen – eine Aussage, die mehr an Wahlkampfrhetorik erinnert als an realistische Außenpolitik.
Erklärung: Was bedeutet der mögliche US-Rückzug?
Rubios Ankündigung ist nicht nur diplomatisch brisant, sondern auch strategisch kalkuliert. Die USA wollen offenbar nicht länger als "Ermöglicher" eines Friedens gelten, den sie selbst kaum vorantreiben. Die Aussagen lassen sich als Druckmittel gegen beide Seiten lesen – mit einer auffälligen Gewichtung zugunsten russischer Narrative.
So übernimmt der russische UN-Botschafter Nebensia die US-Vorlage und erklärt, Selenskyj sei der Eskalator, nicht Moskau. Ein bemerkenswerter Schulterschluss – während Russland weiter massiven Beschuss ukrainischer Städte betreibt, zuletzt in Dnipro und Charkiw mit mehreren Toten und Verletzten. Dass die USA gleichzeitig Putins dreitägige Waffenruhe zu historischen Feierlichkeiten ablehnen, ist zwar konsequent – aber die kategorische Ablehnung jedes Teilschritts wirkt auch ideologisch getrieben.
Deutung: Ein Spiel mit geopolitischem Kalkül
Ein tieferer Blick auf die Konfliktlinien offenbart: Es geht längst nicht mehr nur um eine Waffenruhe. Es geht um Einflusszonen, Weltbilder – und vor allem um politische Kontrolle über die Erzählung. Trump erklärte jüngst, "die Krim bleibt bei Russland" – eine implizite Absage an das Völkerrecht, die Russland als Belohnung für die gewaltsame Annexion 2014 de facto grünes Licht signalisiert.
Kiew lehnt eine Abtretung der Krim weiterhin ab, ebenso die vier weiteren von Russland beanspruchten Gebiete. Doch aus Washingtons Perspektive scheint eine "stabile Ordnung" wichtiger als ein gerechter Frieden. Ein Frieden, der Putins Gebietsgewinne einzementiert, ist aber ein Pyrrhussieg – nicht nur für die Ukraine, sondern für jede internationale Norm.
Währenddessen eskalieren die Angriffe: 16 Attacken auf Charkiw, zahlreiche Verletzte, Tote in Dnipro, Drohnenbeschuss in Kursk – der Krieg kennt keine Ruhe, weder an der Front noch im diplomatischen Raum. Dass Washington nun erwägt, sich "anderen wichtigen Themen" zuzuwenden, ist ein fatales Signal an alle Beteiligten.
Fazit:
Die USA präsentieren sich als Vermittler – aber ihr Verhalten erinnert zunehmend an einen taktischen Rückzug mit geopolitischer Agenda. Weder Neutralität noch langfristige Friedensinteressen scheinen erkennbar. Der Versuch, das komplexeste Konfliktfeld Europas zu simplifizieren und zu instrumentalisieren, führt nicht zu Frieden – sondern zu einer neuen Phase gefährlicher Instabilität.O
OZD/Redaktion POlitik
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