Doch was nach industriepolitischer Weitsicht klingt, ist bei näherem Hinsehen vor allem eines: wirtschaftlicher Nationalismus im Wahlkampfmodus – mit fraglicher Wirkung für Verbraucher und langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
Analyse: Ein Geschenk an Detroit – oder eine Hypothek für morgen?
Mit viel Tamtam hat Trump ein neues Dekret zur Zollentlastung unterzeichnet. Autobauer sollen künftig nur noch einmal zur Kasse gebeten werden – entweder beim fertigen Fahrzeug oder bei den benötigten Materialien wie Stahl und Aluminium. Für viele klingt das zunächst vernünftig. Doch in Wahrheit ist das Dekret ein Ausdruck jener ideologischen Fixierung, die Trumps Handelspolitik seit Jahren prägt: Strafzölle als Druckmittel, Industriepolitik als PR, wirtschaftlicher Patriotismus als Regierungsmaxime.
In der Praxis bedeutet Trumps Schritt zweierlei: kurzfristige finanzielle Entlastung für Autobauer – und langfristig ein regulatorisches Signal, dass globale Lieferketten unerwünscht sind. Das ist Wasser auf die Mühlen von Protektionisten, aber Gift für eine Branche, die auf Flexibilität und internationale Integration angewiesen ist.
Erklärung: Wer profitiert – und wer zahlt die Zeche?
Laut Handelsministerium zahlen Autobauer künftig nicht mehr doppelt Zoll. Zusätzlich greift eine zweijährige Übergangsfrist für Fahrzeuge, die auf importierte Teile angewiesen sind. Klingt nach einer klugen Lösung – wäre da nicht die harte Realität des US-Markts: Etwa drei Viertel aller Fahrzeuge in den USA sind auf irgendeiner Ebene Teil globaler Produktionsnetzwerke. Diese in zwei Jahren vollständig zu "amerikanisieren", ist ein frommer Wunsch.
Die Folgen: Ein massiver Umbau von Lieferketten, steigende Produktionskosten – und damit höhere Autopreise für US-Verbraucher. Schon heute warnen Ökonomen davor, dass die vermeintliche Entlastung bei den Zöllen sich in der Praxis in steigenden Kosten niederschlägt. Gerade weniger wohlhabende Haushalte dürften darunter leiden.
Deutung: Politik für Schlagzeilen – nicht für Stabilität
Trumps Timing ist kein Zufall. Wenige Stunden vor seiner Rede in Detroit – dem symbolischen Herzen der US-Autoindustrie – inszeniert er sich als Kümmerer des amerikanischen Arbeiters. Dass die Branche selbst bereits seit Jahren auf Elektromobilität und globale Kooperation umschwenkt, bleibt dabei ausgeblendet.
Die Jubelrufe von General Motors oder Handelsminister Lutnick ("ein großer Sieg") sind vor allem PR. Der wahre Charakter des Dekrets zeigt sich in Trumps eigener Wortwahl: Es geht um kurzfristige Hilfe, nicht um strukturelle Transformation. Wer heute mit Zollnachlässen belohnt wird, wird morgen vielleicht mit Strafzöllen diszipliniert. So entsteht keine verlässliche Wirtschaftspolitik, sondern ein Klima permanenter Unsicherheit.
Fazit:
Trumps Zollerleichterungen für Autobauer sind kein Befreiungsschlag, sondern ein weiteres Kapitel in seinem industriepolitischen Showkampf. Was kurzfristig wie ein Geschenk aussieht, birgt langfristig enorme Risiken für Preisstabilität, Innovation und internationale Zusammenarbeit. Die Rechnung zahlt – wie so oft – der Verbraucher.
OZD
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Bild: AFP