Lob von der Opposition, Zurückhaltung in den eigenen Reihen: Die Initiative von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron für einen EU-Aufbaufonds findet Zustimmung vor allem beim politischen Gegner: Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bezeichnete sie am Dienstag gegenüber AFP als "grundsätzlich richtig". Grünen-Chef Habeck begrüßte sie in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" als "mutig, richtig und sehr gut". CDU-Politiker verwahrten sich derweil gegen den Eindruck, Merkel habe den Widerstand gegen eine Vergemeinschaftung von Schulden aufgegeben.
Für die Union ist eine solche Vergemeinschaftung - etwa in Form von Euro-Bonds - ein politisches Tabu. Der Plan von Merkel und Macron funktioniert anders als Euro-Bonds: Er soll der EU-Kommission erlauben, auf den Finanzmärkten Kredite im Namen der EU aufzunehmen, um einen Wiederaufbaufonds im Volumen von 500 Milliarden Euro zu füllen. Das Geld soll dann als nicht rückzahlbare Zuschüsse aus dem EU-Haushalt an die am stärksten von der Corona-Krise betroffenen Länder fließen.
CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak signalisierte grundsätzlich Zustimmung für das Vorhaben, nannte aber Bedingungen. "Klar ist, dass die finanzielle Unterstützung sehr zielgerichtet eingesetzt werden muss, insbesondere für Investitionen in die Zukunft des Standorts Europa", sagte er zu "Focus Online". Des Weiteren müsse klar sein: "Es sind keine Subventionen für nationale Haushalte."
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus hob im "Spiegel" hervor, die Initiative von Merkel und Macron funktioniere "ohne Vergemeinschaftung von Schulden". Es sei "gut und richtig, dass Deutschland und Frankreich einen gemeinsamen Vorschlag für einen Wiederaufbaufonds haben".
In der Unionsfraktion herrscht großes Misstrauen gegen jede Form der Vergemeinschaftung von Schulden. Die konservative Werteunion rief die Abgeordneten von CDU und CSU zum Widerstand gegen Merkels und Macrons Pläne auf. Die Initiative sei "ein weiterer Schritt in Richtung Schuldenunion und Zentralstaat", sagte Werteunion-Chef Alexander Mitsch zu AFP. Die Werteunion sieht sich selbst als "konservative Basisbewegung in der CDU/CSU".
Scharfe Kritik kam auch von der AfD. "Jetzt kommen die Eurobonds doch, nur leicht getarnt, um die deutschen Steuerzahler zu täuschen", erklärte Vize-Fraktionschefin Beatrix von Storch.
Bei den Grünen fiel die Reaktion auf den Vorstoß deutlich begeisterter aus als bei der Union. Grünen-Chef Habeck wertete ihn als "lang ersehntes Signal aus Deutschland". Der "NOZ" sagte er: "Mit der Einigung auf europäische Anleihen für Not leidende Mitgliedstaaten ist Frau Merkel einen Schritt gegangen, der vor Corona undenkbar schien." Habeck bewertete Merkels Schritt anders als die CDU-Politiker - sie habe "ihre Position um 180 Grad verändert".
Linken-Fraktionschef Bartsch forderte einen "Plan B", falls die deutsch-französische Initiative am Widerstand anderer EU-Staaten scheitere. Ein europäisches Konjunktur- und Investitionsprogramm solle es dann "notfalls nur mit und für die Staaten geben, die vorangehen", sagte er zu AFP. Er befürchte "erhebliche Schwierigkeiten bei der Umsetzung" in der EU.
FDP-Außenexperte Alexander Graf Lambsdorff sprach von "faulem Zauber" und wies darauf hin, dass der Vorschlag keine guten Aussichten auf Umsetzung habe. "Dieser Plan hat keine rechtliche Grundlage, die muss einstimmig beschlossen werden, man braucht die Dänen, die Holländer und die Österreicher", sagte Lambsdorff im ZDF. Diese dürften aber skeptisch sein.
pw/bk
© Peter Wütherich/Agence France-Presse