In der Fleischindustrie sollen künftig nur noch Angestellte des eigenen Betriebes Tiere schlachten und zerlegen dürfen. Nach der Häufung von Corona-Infektionen bei oft von Subunternehmern beschäftigten Mitarbeitern auf Schlachthöfen hat die Bundesregierung strengere Regeln auf den Weg gebracht. Die Fleischwirtschaft beklagte eine "willkürliche Diskriminierung".
Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) verteidigte die verschärften Auflagen. Besserer Arbeitsschutz in der Branche sei "dringend nötig", betonte er am Mittwoch. Die Infektionen gefährdeten nicht nur die erkrankten Arbeitnehmer, sondern in den betroffenen Regionen auch die Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie. Die Missstände in der Branche bezeichnete der Minister als "unwürdig und gefährlich". Besonders wichtig sei dabei, die "organisierte Verantwortungslosigkeit" in "Subsubsubunternehmen" zu beenden.
Ein zentrales Element der vom Bundeskabinett verabschiedeten Eckpunkte für mehr Arbeitsschutz in der Branche ist deshalb ein Verbot von Werkverträgen. Ab dem 1. Januar 2021 soll das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch nur noch Betriebsangehörigen erlaubt sein.
Werkverträge, bei denen ein Unternehmen eine bestimmte Tätigkeit oder die Herstellung eines Produkts an eine Fremdfirma oder Einzelperson vergibt, sind in zahlreichen Branchen verbreitet. Gewerkschaften kritisieren hierbei aber immer wieder, dass es auch Missbrauch gebe. Insbesondere in der Fleischindustrie waren die Werkverträge zuletzt in Verruf geraten, weil dabei auch Mitarbeiter zu Niedriglöhnen und mit überlangen Arbeitszeiten eingesetzt wurden; auch die Unterbringung der Mitarbeiter sorgte wiederholt für massive Kritik.
Heil beklagte, dass in der Fleischindustrie "zum Teil 50 Prozent, zum Teil 80 Prozent" der Mitarbeiter über Werkverträge beschäftigt seien. Das Verbot soll seinen Angaben zufolge nun für Betriebe gelten, deren Kernbereich das Schlachten und die Fleischverarbeitung ist, unabhängig davon wie die Eigentümerstruktur ist, also ob der Betrieb einem Supermarkt, einer Genossenschaft oder einem Familienunternehmer gehört. Nicht davon betroffen sind demnach "die kleine Schlachterei auf dem Land".
Außerdem sehen die Eckpunkte, die in einen Gesetzesentwurf münden sollen, auch mehr Überwachung des Arbeitsschutzes durch die Länder, eine digitale Erfassung der Arbeitszeit, bessere Aufklärung der Arbeitnehmer über ihre Rechte und höhere Bußgelder vor. Bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz soll der entsprechende Rahmen von 15.000 Euro auf 30.000 Euro verdoppelt werden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte, dass sich die Bundesregierung "endlich zum Aufbruch zu einer besseren Regulierung der Fleischindustrie durchgerungen hat". Denn freiwillige Regelungen hätten "nichts an den katastrophalen Zuständen geändert", erklärte Vorstandsmitglied Anja Piel.
Der Verband der Fleischwirtschaft kritisierte den Kabinettsbeschluss hingegen als "höchst fragwürdig" und äußerte rechtliche Zweifel. Das Verbot von Werkverträgen nur in einer Branche sei eine "willkürliche Diskriminierung" - es bleibe abzuwarten, "wie dies in einem Gesetz umgesetzt werden soll und ob eine solche Regelung Bestand haben kann".
Heil bekräftigte indes die Entschlossenheit der Bundesregierung, "sich nicht von Lobbyinteressen leiten zu lassen, sondern von Gemeinwohlinteressen" und die Verschärfungen "auch im parlamentarischen Verfahren konsequent umzusetzen". Es sei "kein Hexenwerk, Beschäftigte anzustellen".
jm/ilo
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