Münster/Steinfurt (22. Mai 2020).
Es ist eine Chorprobe der ungewöhnlichen Art: Knapp 40 Autos stehen auf
dem Parkplatz des Steinfurter Campus der FH Münster ordentlich in den
einzelnen Parkbuchten. Mit großem Hallo rollten die Wagen an, ihre
Insassen – bis auf die Ehepaare sitzen alle einzeln in ihren PKWs –
winkten sich fröhlich zu, stiegen aus, blieben an ihren Autos stehen,
jetzt ist es fast mucksmäuschenstill.
Doch dann geht es los: Alle ziehen
Funkkopfhörer an, um das Klavierspiel von Chorleiter Winne Voget ganz
vorne besser zu hören, und singen mit – der Gospel- und Popchor
„OnceAgain“ kann endlich wieder gemeinsam proben, auch wenn sich die
Mitglieder untereinander nur mit Abstand hören können. Aber immerhin
sehen sie sich und das nicht nur online. Normale Proben sind wegen des
Coronavirus derzeit nicht möglich.
„Wir sind 50 Leute und können uns deshalb nicht mal eben so treffen“, sagt Christof Anderl. Er arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Physikingenieurwesen der Hochschule und singt seit elf Jahren im Bass des Chores mit. „Musik ist meine große Leidenschaft, ich spiele Gitarre und habe viele Jahre lang nebenberuflich unterrichtet.“ Ein weiterer Nebenjob: Busfahrer. Und so kam der Kontakt zum Chor zustande. „Ich habe die Sängerinnen und Sänger von ‚OnceAgain‘ mal zu einem Chorwochenende ins Ausland gefahren. Eine Woche später war ich selber Mitglied, und seitdem singe ich begeistert mit.“ Seit ein paar Monaten unterstützt auch seine Frau, Claudia Doll, den Chor mit ihrer Stimme.
Doch dann kam das Coronavirus und legte die wöchentlichen Proben auf Eis. „Das ist sehr schade, denn inzwischen sind wir alle gute Freunde geworden. Dass wir uns aktuell nicht treffen dürfen, bedauern wir sehr. Außerdem fehlt uns die Musik!“ Zum Glück hatte Mitglied Mischa Jerie eine Idee: Warum nicht einfach in oder an Autos proben? Immerhin sorgen die Wagen für Abstand. Chorleiter Voget machte kurzen Prozess und trommelte die Sängerinnen und Sänger auf einem Parkplatz in Horstmar zusammen. Ein zweites Treffen wollte der Chor gern in Steinfurt durchführen.
Also fragte Anderl kurzerhand FH-Kanzler Guido Brebaum, ob „OnceAgain“ den Parkplatz auf dem Steinfurter Campus nutzen dürfe – und Brebaum sagte prompt zu. „Ich finde, das ist eine tolle Aktion, die die Hochschule gern unterstützt.“ Einzige Bedingung: Der Chor musste sich selbst um ein Hygienekonzept kümmern und tat das sehr gewissenhaft. „Wir wollten natürlich nichts falsch machen und haben uns eng mit dem Ordnungsamt abgestimmt, das unsere Aktion offiziell genehmigt hat. Auch Bürgermeisterin Frau Bögel-Hoyer hat ihr ‚Go‘ gegeben.“
Nach 80 Tagen Stillstand endlich mal wieder gemeinsam singen – am Mittwochabend (20. Mai) war es dann wieder soweit. Mehr als zwei Stunden lang probten die Mitglieder von „OnceAgain“ sämtliche Hits. Viel zu schnell war dieses außergewöhnliche musikalische Ereignis zu Ende, und die Chormitglieder fuhren bestgelaunt und motiviert nach Hause. Ob es eine Wiederholung gibt, bleibt abzuwarten. „Wegen den Corona-Schutzbestimmungen gab es im Vorfeld viel zu klären. Aber wer weiß, wenn in ein paar Wochen die Sehnsucht wieder zu groß sein sollte, frage ich vielleicht noch mal unseren Kanzler“, sagt Anderl lächelnd. Spätestens im Herbst müsse der Chor unbedingt wieder regelmäßig proben. „Wir feiern 2021 unser 25-jähriges Jubiläum und planen einige Auftritte in der Region und sogar in Rostock. Dafür müssen wir fit sein!“
Wer wissen will, wie die Mitglieder von OnceAgain im Auto singen, schaut sich das YouTube-Video an unter fhms.eu/chor-im-auto.
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