(Münster) Seit dem 11. Mai sind Restaurants und Kneipen aufs Neue geöffnet. Der Einzelhandel ist schon seit einigen Wochen - mit beschränkten Öffnungszeiten und strengen Auflagen- wieder dabei. Doch was bedeutet das für die Unternehmer und ihre Angestellten?
Der Fachhandel zeigt sich vorsichtig optimistisch. Die schwierigste Zeit sei überstanden, nun sei das Geschäft gut angelaufen. „Die vorangegangen Monate mit wenig Einnahmen könnten möglicherweise eingeholt werden, wenn das Geschäft so weiter geht“- sagt Annette Leutner vom Weltladen im Südviertel. „Natürlich sind all die Vorsichtsmaßnahmen lästig und bringen viel Veränderung mit sich.“
Ähnlich äußert sich ein Mitarbeiter eines Bekleidungsgeschäftes in der Hammer Straße. Umräumen, Platz schaffen, den Mindestabstand halten und weniger Schichten besetzen: Viele Vorkehrungen müssen getroffen werden, die für Käufer abschreckend wirken können. Vor allem das Fehlen einer Gruppe macht sich bemerkbar. „Meine Kundschaft besteht vor allem aus Laufkundschaft und der Generation über 60 Jahren. Die trauen sich verständlicherweise nicht aus dem Haus...“, gibt Amir Gityravan zu bedenken. Dies ist der Fall bei Tea-Time Münster, vielen anderen Geschäften geht es ähnlich. Im Weltladen im Südviertel waren viele ehrenamtliche Senioren angestellt, die nun fehlen.
In der Gastronomie sieht die Situation sehr viel angespannter aus. „Acht Wochen waren wir geschlossen, dieses Loch kriegen wir sicher nicht mehr gefüllt.“, erklärt der Chef des Cafés Gasolino. Vor allem der April mit seinen 300 Sonnenstunden wäre entscheidend für die Gastronomie gewesen. Die Mitarbeiterin des Cafés Herr Sonnenschein zeigt sich ebenfalls skeptisch: „Du kannst den verlorenen Kaffee jetzt nicht zwei- oder dreimal verkaufen.“ Die Flanier- und Ausgehlust der Münsteraner scheint sich noch in Grenzen zu halten. „Da kann man nicht sagen, dass alles wieder normal ist, wenn nur ein Drittel der Kunden erscheint.“ In der Gastronomie herrscht Konsens, dass man sich von der Politik mehr Schutz für Selbstständige erwartet hat. Auch die Minijobber, die essenziell für die Gastronomie sind, wurden ganz übergangen. Über sieben Millionen Minijobber in Deutschland, seien es Studenten, Dazuverdiener oder Schüler, konnten während des Lockdowns kein Geld verdienen, ohne dass für sie eine Regelung verabschiedet worden wäre.
Für ein Café ist der Kundenkontakt ganz wichtig. Doch zwischen Großraumdesinfektion und penibler Listenführung komme man kaum noch dazu, die Atemmaske schafft zusätzliche Distanz. „Die Leichtigkeit fehlt“, äußert sich entschuldigend der Chef des Cafés Gasolinos. Vor Eintreten wird man überdies gebeten, sich gründlich die Hände zu desinfizieren.
Jetzt heißt es, den Sommer abzuwarten, wenn die Hygienemaßnahmen zur Gewohnheit werden und wieder mehr Menschen die Straßen der Innenstadt füllen. Die Prognosen sind ambivalent. Einer zeigt sich optimistisch, andere sehen eher schwarz. Bei einem Punkt sind sich jedoch alle Betreiber und Mitarbeiter einig: Ein zweiter Lockdown wäre fatal. Wenn dieser eintritt, machen ein Großteil der geliebten Restaurants und Kaffeehäuser die Türen zu - und zwar für immer.