In insgesamt 27 Städten waren bis Freitagabend Demonstrationen und Aktionen des Bündnisses Sand im Getriebe gegen Hilfen für konventionelle Antriebe vorgesehen, wie eine Sprecherin der Nachrichtenagentur AFP sagte. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) forderte eine rasche Entscheidung der Bundesregierung, nachdem der kommende Woche geplante Autogipfel geplatzt war.
Sand im Getriebe fordert eine klare Absage an die Förderung fossiler Industrien und eine radikale Umgestaltung des Verkehrssektors. Jegliche Staatshilfen müssten an den sozial-ökologischen Rück- und Umbau der Autoindustrie geknüpft werden, erklärte das Bündnis. "Wir bleiben aktiv und laut, bis eine radikale Verkehrswende endlich eingeleitet und klimagerechte Mobilität für alle ermöglicht wird", erklärte das Bündnis.
Bei den einzelnen Kundgebungen wurden nach Angaben der Sprecherin von Sand im Getriebe jeweils bis zu 300 Teilnehmer erwartet. In Berlin gestaltete das Bündnis bereits in der Nacht zum Freitag etwa einen Pop-Up-Fahrradweg. Demonstrationen waren laut Bündnis unter anderem auch in Aachen, Freiburg, Frankfurt, Köln und Kassel angemeldet. Auch die Organisation Attac beteiligte sich an den Demonstrationen.
Sand im Getriebe wertete es am Freitag als "Erfolg des breiten Widerstands", dass der für Dienstag geplante Autogipfel unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verschoben wird. Bei dem Termin sollte es auch um Kaufprämien gehen. Die Prämie ist in der Bundesregierung allerdings stark umstritten. Widerstand kommt aus der SPD, aber auch aus Teilen der CDU.
Über die Prämie soll nun der Koalitionsausschuss am Dienstag entscheiden. An diesem Tag will ein breites Bündnis von Aktivisten mit einer kilometerlangen Menschenkette quer durchs Regierungsviertel "gegen eine Abwrackprämie 2.0" demonstrieren, wie Attac mitteilte.
Die Automobilindustrie drängte unterdessen auf eine zügige Entscheidung der Bundesregierung über Konjunkturhilfen und erneuerte die Forderung nach einer Prämie auch für Verbrenner. "Je länger die Schockstarre dauert, desto gefährlicher wird sie", warnte die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Aus Kurzarbeitern drohten "in vielen Branchen Arbeitslose zu werden".
Zugleich betonte Müller erneut die Bedeutung der Automobilindustrie. Allein dort entgingen dem Staat und damit der Gemeinschaft jeden Monat Steuereinnahmen in Milliardenhöhe; gleichzeitig stiegen die Sozialausgaben etwa durch Kurzarbeitergeld, wenn Produktion und Handel nicht schnell wieder anliefen.
Der VDA plädiert deshalb für Kaufprämien, die nicht nur Elektroautos, sondern auch Verbrenner einschließen. Kaufprämien seien "Treiber für Konjunktur und Klimaschutz" und die Automobilindustrie "einer der Hebel, um die gesamte Volkswirtschaft anzukurbeln", sagte Müller. Dabei könnten auch neue Modelle mit Verbrennungsmotor einen wichtigen Beitrag dazu leisten, Emissionen schnell zu senken. "Das funktioniert mit dem Elektroautos allein nicht, dafür sind der Anteil und die vorhandene Kapazität der Ladeinfrastruktur noch zu gering."
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