US-Verteidigungsminister Mark Esper hat sich gegen einen Militäreinsatz bei den derzeitigen Protesten ausgesprochen, wie ihn Präsident Donald Trump angedroht hat. Der Einsatz von Berufssoldaten im Inland sollte nur das "letzte Mittel" in den "dringlichsten und äußersten Situationen" sein, sagte Esper am Mittwoch vor Journalisten im Pentagon. "Wir befinden uns derzeit nicht in einer solchen Situation."
Er unterstütze deswegen nicht einen Rückgriff auf das sogenannte Aufstandsgesetz ("Insurrection Act"), das dem Präsidenten einen Einsatz der Streitkräfte im Inland erlaubt, sagte Esper. Der Verteidigungsminister distanzierte sich damit von einer Drohung von Präsident Trump.
Dieser hatte am Montag in einer Ansprache damit gedroht, das Militär einzusetzen, um gegen die Unruhen am Rande von Demonstrationen gegen Polizeigewalt und Rassismus vorzugehen. Sollten Städte und Bundesstaaten angesichts der Ausschreitungen nicht die nötigen Gegenmaßnahmen ergreifen, werde er das Militär entsenden und "das Problem schnell für sie lösen".
Das sorgte für scharfe Kritik. Die oppositionellen Demokraten warnten davor, US-Soldaten gegen US-Bürger einzusetzen. Im Einsatz ist allerdings bereits an vielen Orte die Nationalgarde, die aus Reservisten besteht. Verteidigungsminister Esper sagte am Mittwoch, die Nationalgarde sei seiner Meinung nach am besten geeignet, im Inland die zivilen Behörden in solchen Situationen zu unterstützen.
Das Aufstandsgesetz aus dem Jahr 1807 erlaubt dem Präsidenten unter gewissen Umständen den Einsatz der Streitkräfte, um Aufstände und Unruhen in den USA unter Kontrolle zu bringen. Er könnte dies auch ohne das Einverständnis der Gouverneure der Bundesstaaten tun, in denen die Truppen eingesetzt werden sollen.
Angewandt wurde das Gesetz wiederholt in den turbulenten Zeiten der Bürgerrechtsbewegung in den 1950er und 60er Jahren. Der letzte Einsatz geht auf das Jahr 1992 zurück, als es nach dem Freispruch für vier weiße Polizisten, die den Afroamerikaner Rodney King brutal zusammengeschlagen hatten, in Los Angeles zu schweren Unruhen kam.
Die USA werden seit vergangener Woche von Protesten und schweren Ausschreitungen in zahlreichen Städten erschüttert. Ausgelöst wurden die Proteste durch den Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis im Bundesstaat Minnesota.
Für Empörung sorgte dann am Montag ein gewaltsamer Einsatz von Sicherheitskräften gegen friedliche Demonstranten, die sich nahe des Weißen Hauses versammelt hatten. Die Sicherheitskräfte vertrieben die Demonstranten mit Tränengas und Schlagstöcken - und räumten damit den Weg für Trump, der anschließend zu Fuß eine nahegelegene Kirche besuchte, die zuvor bei Protesten beschädigt worden war.
Vor der Kirche ließ sich der Präsident mit einer Bibel fotografieren. Kritiker warfen Trump vor, er habe für einen politisch motivierten "Fototermin" eine friedliche Demonstration auflösen lassen.
Esper, der Trump am Montag zu der Kirche begleitet hatte und deswegen ebenfalls in die Kritik geraten ist, beteuerte am Mittwoch, er habe nicht gewusst, dass sich der Präsident fotografieren lassen wollte. Er versuche in seinem Ministeramt "unpolitisch" zu sein und sich von Situationen fernzuhalten, die politisch erscheinen könnten. "Manchmal gelingt mir das, manchmal gelingt mir das nicht."
fs/mid
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