Trotz Corona-Pandemie haben am Wochenende weltweit zehntausende Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstriert. In Australien gingen landesweit Zehntausende auf die Straßen, obwohl die Regierung wegen einer möglichen Ansteckungsgefahr davon abgeraten hatte. Auch in Deutschland, Frankreich und Großbritannien kamen trotz Warnungen und teils sogar Verboten tausende Demonstranten zusammen. Teilweise gab es Zusammenstöße mit der Polizei.
"Es ist an der Zeit, den institutionellen Rassismus niederzubrennen", verkündete eine Demonstrantin mit einem Megafon am Samstag vor tausenden Menschen vor dem Londoner Parlamentsgebäude . "So kümmern wir uns umeinander", fügte sie hinzu, nachdem sie alle aufgefordert hatte, einen Mundschutz aufzusetzen. Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock hatte zuvor Verständnis für die Proteste geäußert, aber dennoch vor der anhaltenden Gefahr durch das Coronavirus und deshalb vor großen Versammlungen gewarnt.
Nach mehrstündigen friedlichen Protesten in London trieben berittene Polizisten in der Nähe des Regierungssitzes Demonstranten auseinander, die Flaschen geschleudert hatten. In Manchester kamen ebenfalls tausende Demonstranten zusammen. Für Sonntag war eine Demonstration vor der US-Botschaft in London geplant.
In Frankreich demonstrierten am Samstag nach offiziellen Angaben 23.000 Menschen gegen Polizeigewalt, in Paris waren es 5500. Dort hielten Polizisten eine große Menschenmenge vor der US-Botschaft zurück, die sich zu einer nicht genehmigten Kundgebung versammelt hatten. In Metz endete der Protest mit dem Einbruch einiger Demonstranten in ein Gerichtsgebäude - es kam zu Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften und einem Staatsanwalt.
In Paris hatten bereits am Dienstag tausende Menschen gegen den Tod des Schwarzen Adama Traoré in einer Pariser Vorstadt 2016 demonstriert. Auch er war wie Floyd im Polizeigewahrsam am Boden fixiert worden und gestorben.
In Spanien versammelten sich am Sonntag tausende Menschen in Madrid, wo sie vor der US-Botschaft Floyds Tod verurteilten und dessen letzte Worte wiederholten: "Ich kann nicht atmen." Für eine Schweigeminute knieten die Demonstranten nieder. In Barcelona versammelten sich hunderte Menschen.
Auch in vielen weiteren Ländern wie Polen, Italien, Kanada und Tunesien solidarisierten sich die Menschen mit der Bewegung, in Deutschland nahmen am Samstag zehntausende Menschen an Demonstrationen in vielen Städten teil. Afrodeutsche Initiativen hatten in rund 20 Städten zu den Protesten unter dem Motto "Silent Demo" aufgerufen. In Hamburg und Berlin kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigte sich bei Twitter besorgt über "dicht gedrängte Menschenmengen mitten in der Pandemie".
In Sydney versammelten sich mindestens 20.000 Menschen. Die Kundgebung wurde erst kurz vor Beginn durch einen Gerichtsbeschluss genehmigt - die Behörden hatten sie ursprünglich untersagt. Regierungschef Scott Morrison hatte ebenfalls von der Teilnahme an Demonstrationen abgeraten.
Viele der in schwarz gekleideten Demonstranten hielten Protestschilder hoch und trugen Atemschutzmasken mit der Aufschrift "Ich kann nicht atmen". Die Demonstranten prangerten zudem eine hohe Inhaftierungsrate unter Mitgliedern der Aborigine-Gemeinschaft an sowie zahlreiche Todesfälle von inhaftierten Aborigines - mehr als 400 in den vergangenen 30 Jahren.
Im Irak wurde der Satz "Ich kann nicht atmen" vielfach in den sozialen Netzwerken geteilt. "Wir wollen Gerechtigkeit! Wir wollen atmen", skandierten hunderte Menschen in Tunis.
Mit der Aktion wollen die Teilnehmer weltweit ihre Solidarität mit den Protesten in den USA nach Floyds Tod bekunden. Der 46-Jährige war am 25. Mai in Minneapolis bei einem Polizeieinsatz getötet worden. Ein weißer Polizist drückte Floyd bei seiner Festnahme minutenlang das Knie auf den Nacken, obwohl er wiederholt sagte, er bekomme keine Luft mehr. Zugleich beziehen sich die Proteste weltweit teils auf ähnliche Fälle von Rassismus oder Polizeigewalt in den jeweiligen Ländern. Am Sonntag sollte es weitere Proteste gegen rassistische Polizeigewalt unter anderem in Kopenhagen, Brüssel und Glasgow geben.
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Dmitry ZAKS / © Agence France-Presse