Frankfurt (ots) Die USC Shoah Foundation - The Institute for Visual History and Education gab heute bekannt, sie werde in Kürze die ersten deutschsprachigen Exponate aus ihrer renommierten Reihe Interaktiver Zeitzeugnisse, Dimensions in Testimony, der Öffentlichkeit vorstellen. Das erste Exponat zeigt die Auschwitz-Überlebende und namhafte Cellistin Anita Lasker-Wallfisch und wird demnächst an mehreren deutschen Institutionen getestet. Es wird während der Jüdischen Kulturwochen im November im Kulturzentrum der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt kurzzeitig für Schulklassen verfügbar sein. Das Programm geht 2020 an zwei ausgewählten Standorten in Deutschland in die umfassende Betatestphase.
Diese Initiative wird von der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" (EVZ) gefördert. Die Stiftung EVZ setzt sich für die Förderung der Menschenrechte und der Völkerverständigung ein und widmete sich bis 2007 der finanziellen Entschädigung von Opfern des nationalsozialistischen Unrechts.
"MEMO, unsere Umfrage zur Erinnerungskultur in Deutschland, hat gezeigt, dass die junge Generation immer mehr Informationen über den Holocaust aus dem Internet bezieht, diesen Quellen aber nicht traut", so Andreas Eberhardt, Vorstandsvorsitzender der Stiftung EVZ. "Wir sehen daher die Notwendigkeit, verstärkt digitale Angebote zu unterstützen, um diese Lücke zu schließen. Es liegt in unserer Verantwortung, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten, weshalb wir sehr stolz darauf sind, an den Bemühungen um die erste interaktive Biografie in deutscher Sprache mitwirken zu können."
Dimensions in Testimony ist eine neue Art zu interagieren, zu lernen und erschütternde Geschichten aus dem Holocaust zu hören", so Stephen D. Smith, Finci-Viterbi Executive Director der USC Shoah Foundation. "Anita erzählt ihre Geschichte sehr sachlich und beschönigt nichts von dem, was ihr, ihrer Familie und den Jüdinnen und Juden allgemein widerfahren ist. Aber sie setzt ihre überzeugende Stimme auch dafür ein, Hoffnung und Bildung zu fördern und Hass jeder Form anzuprangern."
Bislang haben sich 22 Überlebende von Völkermorden an Dimensions in Testimony beteiligt - einem äußerst aufwendigen Verfahren. Die Befragten sitzen dabei jeweils in einer Greenscreen-Umgebung vor mehreren Kameras und einem Mikrofon und beantworten bis zu 2.000 Fragen zu ihrer Lebensgeschichte. So entsteht eine Datenbank aus Antworten, die durch mündlich gestellte Fragen des Endnutzers abgerufen werden können.
Lasker-Wallfischs Interaktives Zeugnis wurde im Frühjahr 2019 in London, wo sie heute lebt, aufgenommen.
Dimensions in Testimony ist eine Initiative der USC Shoah Foundation mit dem Ziel, Zeitzeugnisse aufzuzeichnen und in einer Form zu präsentieren, die die Bedeutung des Dialogs zwischen Überlebenden des Holocaust und Lernenden hervorhebt und dies auch weit in die Zukunft hinein ermöglicht. Dimensions in Testimony hat das Konzept der Oral History revolutioniert und ermöglicht durch die Integration moderner Verfahren aus der Filmproduktion, spezieller Display-Technologien und Zukunftstechnologien zur Verarbeitung natürlicher Sprache ein einzigartiges, sehr persönliches Erlebnis. Jedes eigens aufgezeichnete Interview erlaubt es den Zuschauern, den Überlebenden Fragen zu ihren Lebenserfahrungen zu stellen und deren Antworten in lebensechten Gesprächen in Echtzeit zu hören. Fragen werden ganz natürlich beantwortet, als wäre der Überlebende im selben Raum; künstliche Intelligenz sorgt dafür, dass die Technologie immer besser wird, je mehr Fragen gestellt werden.
Über Anita Lasker-Wallfisch
Anita Lasker-Wallfisch wurde am 17. Juli 1925 in Breslau, damals Deutschland, geboren und ist in Deutschland und namentlich an deutschen Schulen für ihre Berichte weithin bekannt. Ihre Erfahrung als Cellistin im Mädchenorchester von Auschwitz und später als Mitbegründerin des English Chamber Orchestra bietet eine einzigartige Perspektive. Als prominente Vertreterin der deutschen Überlebenden wurde sie eingeladen, im Jahr 2018 zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust vor dem Deutschen Bundestag zu sprechen.
Über die USC Shoah Foundation
Mit ihrem Visual-History-Archiv, das mehr als 55.000 Videoaufnahmen von Zeitzeugen umfasst, dem preisgekrönten IWitness Education-Programm und der Forschungsarbeit des Center for Advanced Genocide Research fördert die USC Shoah Foundation - The Institute for Visual History and Education Empathie, Verständnis und Respekt. Die interaktive Software, die Forschungsarbeiten und Materialien der USC Shoah Foundation werden weltweit in Museen und Universitäten genutzt, von Regierungschefs und NGOs zitiert und in Klassenzimmern auf der ganzen Welt im Unterricht eingesetzt. Die USC Shoah Foundation erreicht seit nunmehr weit über zwanzig Jahren Millionen Menschen auf sechs Kontinenten von ihrem Sitz am Dornsife College of Letters, Arts and Sciences an der University of Southern California aus.
Über die Stiftung EVZ
Die
Stiftung EVZ wurde im Jahr 2000 gegründet, um Zwangsarbeiterinnen und
Zwangsarbeiter während der Zeit des Nationalsozialismus zu entschädigen.
Seit 2001 leistet die Stiftung EVZ zudem humanitäre Hilfe für
Überlebende, fördert die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und
stärkt zivilgesellschaftliches Engagement in Mittel- und Osteuropa.
Foto: "obs/Stiftung EVZ/Zute Lightfoot/USC Shoah Foundation"