Der Verein "Dein Brunnen für Münster" sendet ein euphorisches Erfolgssignal: Die Freude ist groß - auch bei allen, die den Verein in den vergangenen beiden Jahren tatkräftig unterstützt haben. Die Eisenman Skulptur kehrt nach Münster zurück. Das ist ein großartiges Zeichen, denn Kunst im öffentlichen Raum wurde erstmalig durch die Bürgerschaft finanziert.
Die Bürgerinitiative „Dein Brunnen für Münster e.V.“ setzt sich seit September 2017 für den dauerhaften Verbleib von „Sketch for a Fountain“ der amerikanischen Künstlerin Nicole Eisenman in Münster ein. Das Brunnenensemble entstand für die Skulptur Projekte 2017 und war für drei Monate an der Kreuzschanze in Münster zu sehen.
In seiner Sitzung am 24. Juni 2020 hat der Rat der Stadt Münster der Rückkehr des Kunstwerkes und der dauerhaften Installation des Brunnen für Münster an seinem ursprünglichen Aufstellungsort zugestimmt. Damit kann das Projekt jetzt realisiert werden.
Ein Zeichen für Frieden und Toleranz
Nicole Eisenman ist eine der renommiertesten zeitgenössischen Künstlerinnen und derzeit auf bedeutenden internationalen Ausstellungen vertreten. Sie schuf ihre erste skulpturale Installation im öffentlichen Raum, „Sketch for a Fountain“, speziell für die Skulptur Projekte 2017 in Münster. Der Brunnen für Münster thematisiert durch ihre überlebensgroßen, geschlechtslosen Figuren das Thema Gender und Toleranz. Das Ensemble wurde an einem Ort in Münster aufgestellt, der seit Jahrzehnten bekannt ist als heimlicher Treffpunkt von Homosexuellen. Zudem nimmt die Künstlerin mit den fünf Figuren Bezug auf ihre jüdische Familie, die im zweiten Weltkrieg aus Deutschland und Österreich fliehen musste.
Das Werk war eine der meist besuchten Arbeiten während der dreimonatigen Skulptur Projekte 2017, ebenso Begegnungsort und beliebter Treffpunkt für Besucherinnen und Besucher. Es war aber auch als einziges Kunstwerk der Ausstellung immer wieder Ziel von Zerstörungen und Kritik.
Zuletzt wurde es am Vorabend der Bundestagswahl mit Hakenkreuzen und anderen homophoben Zeichen beschmiert. Dies war Auslöser für den Start einer breit angelegten Bürgerinitiative, die von der Künstlerin von Anfang an aktiv begleitet und unterstützt wurde.
Das Werk sollte mit breiter bürgerschaftlicher Beteiligung angekauft und dauerhaft für die Bürger der Stadt Münster erhalten bleiben. Als Zeichen für Frieden und Toleranz, für eine offene und bunte Gesellschaft.
Diese Botschaft hat die Bürgerschaft von Münster mobilisiert, sich für Vielfalt, Toleranz und zu einem friedlichen Zusammenleben von Menschen jedweder Herkunft, Geschlecht und geschlechtlicher Orientierung zu bekennen. Im wahrsten Sinne des Wortes „auf der Straße“ gingen die Mitglieder des Vereins mit der Bürgerschaft in den Dialog und warben für ihr Vorhaben.
Auf Viertel- und Straßenfesten, auf Kunstausstellungen, der „Langen Nacht der Museen“, einem selbst ausgerichteten „Bergfest“ und etlichen unkonventionellen Aktionen. In einer großen Lotterie wurden weitere Spenden eingenommen. Viele Münsteraner Firmen stiegen spontan mit ins Boot und verkauften Produkte zugunsten des Vereins oder sponserten Werbematerial.
Mit Brunnenbier,
Brunnenbrötchen, Brunnenpesto, „Brunnen-Gerichten“ in Restaurants, einer
Filmvorstellung u.v.m., wurden Spenden eingessamelt. Diese Aktivitäten prägten
das Jahr 2018 und brachten etwa die Hälfte der benötigten Spenden ein.
Berührt von diesem außergewöhnlichen bürgerschaftlichen Engagement kamen Künstlerin und Galerie der Initiative im Sommer 2018 großzügig entgegen und verzichteten auf Honorare. Dadurch halbierte sich der Anschaffungspreis des Kunstwerks von 1.2 Mio. auf 600.000 Euro. Diese Entscheidung brachte nochmal einen entscheidenden Motivationsschub für die Bürgerschaft und füllte den Spendentopf weiter an.
Parallel dazu und weit in das Jahr 2019 hinein standen im Hintergrund die aufwendigen Antragsstellungen an Förderinstitutionen, Stiftungen, die Stadt Münster und das Land NRW auf dem Programm. Diese deckten in etwa die zweite Hälfte des benötigten Betrages ab. Der Ratsbeschluss am 24. Juni 2020 bestätigte dann entscheidend die Rückkehr des Kunstwerkes an seinen alten Standort auf der Kreuzschanze.
Die Künstlerin begleitete die Initiative von Anfang an sehr eng. Sie unterstützte die Spendensammlung mit einem eigens gefertigten „Logo“, das den Kopf einer der Figuren des Brunnenensembles zeigt, und mit der Gestaltung eines T-Shirts. Im Jahr 2019 schenkte sie dem Verein die Edition einer Radierung, „The Münsterians“, in einer Auflage von 70/100. Diese Edition war innerhalb weniger Tage ausverkauft.
Nicole Eisenmann zeigte sich in einem Telefonat nach der Ratsentscheidung tief gerührt und überwältigt von dem finalen Erfolg der Initiative. „Es ist so unglaublich“, sagt die Künstlerin.“Auch wenn ich nie wirklich gezweifelt habe… Dass es jetzt Wirklichkeit wird, dass ich mit meinen Kindern nach Deutschland fahren und ‚Sketch for a Fountain‘ besuchen werde, ist einfach überwältigend.“
Noch nie hat es in Deutschland eine Bürgerbewegung für ein Kunstwerk in einer solchen Dimension gegeben. „Sketch for a Fountain“ hat in Münster einen unglaublichen Gemeinsinn ausgelöst und zu internationaler Aufmerksamkeit geführt. In einer Zeit, in der der Dialog zwischen gesellschaftlichen Gruppen immer schwieriger zu werden scheint, setzen die Münsteraner mit der Rückkehr des Brunnens ein Zeichen für Frieden und Toleranz, für eine offene und bunte Gesellschaft.
Schon während der Skulptur Projekte 2017 war „Sketch for a Fountain“ nicht nur ein großer Anziehungspunkt, sondern Ort der Begegnung und des öffentlichen Dialogs. Bis zu 2.500 Ausstellungsgäste hielten sich dort täglich auf, Münsteranerinnen und Münsteraner verbrachten hier ihre Mittagspausen. Studierende trafen sich abends zum Grillen, Familien zum Picknick.
Der Verein „Dein Brunnen für Münster“ lud während der gesamten Kampagnenzeit monatlich zu Informations- und Diskussionsrunden ein, die den Dialog zu den aktuellen Themen rund um das Kunstwerk und das Projekt belebten. Diese Treffen sind bis heute fortlaufend, wenn auch mit kleiner Corona bedingter Unterbrechung.
Es haben bereits Gespräche mit verschiedenen Akteuren stattgefunden, wie z.B. der Annette von Droste- Gesellschaft und dem Franz-Hitze-Haus. In diesem Austausch sind erste Ideen für gemeinsame Veranstaltungsformate entstanden. Auch mit dem Friedensbüro der Stadt Münster gab es einen ersten Kontakt. Die Themen Frieden, Toleranz und Dialog werden Bestandteil lebendiger Interaktionen rund um das Kunstwerk bleiben.
Mit der positiven Ratsentscheidung kann der Verein jetzt in die Planung und Umsetzung gehen. Als nächster Schritt soll ein Gestattungsvertrages zwischen dem Verein „Dein Brunnen für Münster e.V.“ (als Eigentümer des Kunstwerks) und der Stadt Münster entwickelt werden. Dieser sollen sämtliche Haftungs- und „Hoheitsfragen“ rund um das Bauvorhaben und die spätere Instandhaltung regeln. Gespräche mit Brunnenbauern und das Einholen von Angeboten finden bereits statt. „Wir sind sehr zuversichtlich, den ersten Spatenstich als symbolischen Baubeginn noch in diesem Jahr feiern zu können“, erklärt der Verein.
Die Künstlerin Nicole Eisenman hat Ideen zur dauerhaften Gestaltung des Kunstwerks entwickelt. So werden die zwei Bronzen wiederkehren, die während der Skulptur Projekte 2017 in Münster aufgestellt waren. Die drei Gipsfiguren werden für die dauerhafte Aufstellung aus Aluminium hergestellt und mit einer weißen Patina beschichtet. Münster erhält somit ein Unikat, das dem ursprünglichen, temporären Werk sehr ähnlich ist. Es gibt weitere zwei Exemplare in Dallas und Boston, bei denen das gesamte Ensemble in Bronze gefertigt ist. Die Künstlerin wird den Entstehungsprozess hier vor Ort begleiten, berichten die Vertreter des Vereins.
Für den Ankauf des Kunstwerks sind seit 2017 Spenden und Förderbeträge in Höhe von 630.000 Euro eingeworben worden. 280.000 Euro wurden durch private Spenden und Förderzusagen (von einem Euro bis 100.000 Euro) gesammelt. Die Stadt Münster beteiligt sich mit 50.000 Euro, das Land mit 200.000 Euro, das Bistum mit 30.000 Euro, die Stiftung Volksbank Münster und die Stiftung Westfälische Landschaft mit jeweils 10.000 und die Sparkassenstiftung mit 50.000 Euro.
Weitere Mittel erforderlich
Für den Brunnenbau und die Erschließung des Areals werden weitere Spendengelder in Höhe von 150.000 bis 200.000 Euro benötigt. Hierzu laufen Gespräche, Förderzusagen wurden bereits in Aussicht gestellt. Dennoch ist das Projekt auch weiterhin auf Spenden angewiesen.
Für die Instandhaltung und Wartung, für die sich der Verein auch in Zukunft verantwortlich zeigen wird, werden Gelder in Höhe von ca. 10.000 Euro pro Jahr veranschlagt. Hierfür sollen Fördermitgliedschaften und Jahrespatenschaften vergeben werden. Einige Fördermitgliedschaften hat der Verein schon eingeworben.
Gerade haben der LWL und die Stadt Münster beschlossen, die Skulptur Projekte 2027 gemeinsam auszurichten. Die Skulptur Projekte sind international anerkannt und haben Millionen von Liebhaberinnen und Liebhabern nach Münster gelockt. Unabhängig von laufenden Ausstellungen sind die in der Vergangenheit angekauften Skulpturen von Claes Oldenburg, Ilya Kabakov, Per Kirkeby, Chillida und Donald Judd Anziehungspunkte wie Aushängeschilder unserer Stadt. „Wir sind fest davon überzeugt, dass sich das Werk ‚Sketch for a Fountain‘ der international anerkannten und mit bedeutenden Preisen ausgezeichneten Künstlerin Nicole Eisenman hier auf Augenhöhe einreihen wird“, heisst es aus dem Kreis des Vereins „Dein Brunnen für Münster“.