Münster - Etwa 30 000 Notrufe gehen jedes Jahr beim Rettungsdienst
der Stadt Münster ein. In ungefähr 6000 dieser Fälle kommt ein Notarzt
dazu - immer dann, wenn die Lage des Patienten so bedrohlich ist, dass
neben den Rettungssanitätern sofort ein Mediziner benötigt wird. Ist ein
Notarzt nicht oder noch nicht vor Ort, kann er Rettern an der
Einsatzstelle mittlerweile trotzdem beratend zur Seite stehen und bei
Entscheidungen helfen.
Ein Tele-Notarzt-System macht das über Videotelefonie und die digitale
Übertragung wichtiger medizinischer Daten möglich. Die Stadt Münster als
Trägerin des Rettungsdienstes und das Universitätsklinikum Münster
(UKM) wollen bei der Einrichtung einer solchen Tele-Notarzt-Zentrale eng
kooperieren. Oberbürgermeister Markus Lewe und der Ärztliche Direktor
des UKM, Prof. Dr. Hugo Van Aken, unterzeichneten am heutigen Mittwoch,
1. Juli, an der Feuerwache 1 eine entsprechende Absichtserklärung.
In dem gemeinsamen "Letter of Intent" betonen UKM und Stadt Münster,
dass die Kooperation konzeptionelle, technische und personelle
Ressourcen umfassen soll. Ziel sei es, aufbauend auf bereits bestehenden
Strukturen im Laufe des Jahres 2021 ein wirtschaftliches
Tele-Notarzt-System einzurichten. "Mit Unterzeichnung des ,Letter of
Intent´ bekräftigt die Stadt ausdrücklich die Absicht, bei der
Tele-Notfallmedizin eng mit dem Universitätsklinikum Münster zu
kooperieren. Es ist gemeinsames Ziel der Kooperationspartner, die
digitale Notfallversorgung in Münster und Umgebung weiter
voranzutreiben, um diese Versorgung möglichst effektiv zu gestalten",
sagte Oberbürgermeister Markus Lewe bei der Unterzeichnung.
Grundlage für das Ziel ist die Anfang 2020 vom Land Nordrhein-Westfalen
getroffene Entscheidung, flächendeckend in NRW sogenannte
Tele-Notarzt-Systeme zu schaffen. Die Stadt Münster hatte dem
Landesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales schon kurz darauf
bestätigt, ein Tele-Notarzt-System zu etablieren und dies künftig auch
über die Stadtgrenzen hinaus in Kooperation mit weiteren
Rettungsdienst-Trägern nutzbar zu machen.
Das UKM bringt seine Expertise in der Telemedizin ein und stellt darüber
hinaus den Großteil der in Münster tätigen Notärzte. Es verfügt bereits
über eine mehrjährige Erfahrung in Forschung und Praxis der Telemedizin
- vor allem in den Bereichen der Intensivmedizin und Infektiologie.
Zudem ist das Universitätsklinikum seit dessen Gründung im Notarztdienst
der Stadt engagiert. "Das Tele-Notarzt-System bedeutet einen großen
Qualitätssprung in der Notfall-Versorgung. Hier werden nur sehr
erfahrene Notärzte eingesetzt, die überdies speziell geschult wurden in
der Kommunikation aus der Entfernung", sagte Prof. Dr. Hugo Van Aken.
Tele-Notärzte können per Datenverbindung Notfallsanitätern vor Ort
helfen und diese beispielsweise bei der Analyse des EKG oder bei
Medikamentendosierungen gezielt unterstützen. Für ihre Ferndiagnose
können sie außerdem digitale Wissensdatenbanken nutzen. Bei akuter
Lebensgefahr kommt zwar weiterhin ein Notarztwagen, aber in vielen
anderen Fällen ist die physische Anwesenheit eines Notfall-Mediziners
nicht zwingend notwendig. Dies zeigen auch Erfahrungen aus Aachen und
anderen Regionen Deutschlands, in denen Tele-Notärzte bereits im Einsatz
sind.
Schritte in diese Richtung macht die Feuerwehr Münster bereits seit
Herbst 2017: Seit fast drei Jahren stehen sogenannte Koordinierende
Notärzte tagsüber auf der Leitstelle am York-Ring für die telefonische
Beratung von Notfallsanitätern bereit. Seit 2019 steht zu Testzwecken
auch ein telemedizinisches System auf der Leitstelle zur Verfügung.
Damit wird ärztliche Kompetenz an jedem Einsatzort verfügbar.
Stadt und Universitätsklinikum wollen nun zeitnah weitere Verhandlungen
auf Basis der bisherigen Erfahrungen führen und entsprechende Verträge
auf der Grundlage ihrer Absichtserklärung schließen.
Titelbild: Presseamt Stadt Münster
Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe, Univ.-Prof. Dr. med. Dr. h. c. Hugo Van Aken, Gottfried Wingler-Scholz (Leiter Feuerwehr Münster)