Das Rennen um den CDU-Vorsitz und die Spekulationen um den Kanzlerkandidaten der Union nehmen Fahrt auf: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) äußerte sich am Wochenende überzeugt, er sei in einer guten Ausgangsposition. Laschets Mitbewerber Friedrich Merz bezeichnete eine Kanzlerkandidatur von CSU-Chef Markus Söder als unwahrscheinlich. Söder seinerseits betonte, der Unionskanzlerkandidat müsse sich in der Corona-Krise bewährt haben.
Über die Nachfolge von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer entscheidet im Dezember ein Bundesparteitag der Christdemokraten. Neben Laschet und Merz erklärte auch der ehemalige Bundesumweltminister Norbert Röttgen seine Kandidatur für den Parteivorsitz. Kramp-Karrenbauer sagte in ARD-Sommerinterview, sie habe "keine Signale" dafür, dass einer der drei Vorsitzanwärter auf seine Kandidatur verzichten wolle.
Laschet sagte in der "Passauer Neuen Presse" mit Blick auf CDU-Vorsitz und Kanzlerkandidatur, es sei "sicherlich von Vorteil, schon einmal eine Wahl gewonnen zu haben und Erfahrung im Regieren eines Landes mit 18 Millionen Einwohnern zu haben". Zu einem möglichen schwarz-grünen Bündnis nach der Wahl sagte Laschet: "Über Koalitionen redet man nach der Wahl."
Zugleich wies Laschet erneut Kritik an seinem Corona-Krisenmanagement und den Lockerungen in NRW zurück. "Es ist die Pflicht von Politik, abzuwägen und einen breiten Blickwinkel einzunehmen."
Merz sagte der "Augsburger Allgemeinen" zu Spekulation über eine Kanzlerkandidatur von Söder, dieser habe "mehrfach gesagt, dass sein Platz in Bayern ist, wo er ja gerade in der Corona-Krise auch einen klasse Job macht". Auch sei es historisch betrachtet bisher so gewesen, "dass die CSU den gemeinsamen Kanzlerkandidaten dann gestellt hat, wenn die CDU mit ihrer eigenen Führung unzufrieden war."
Dies sei 1980 und 2002 der Fall gewesen, "und ich bin mir ziemlich sicher, dass das 2021 nicht so sein wird". Merz räumte zudem ein, dass seine Kampagne für den CDU-Vorsitz unter den Folgen der Corona-Pandemie leide: "Ich mache zurzeit relativ viel mit Videokonferenzen, eine davon sogar schon mit mehr als 2000 Teilnehmern, aber das kann persönliche Begegnungen natürlich nicht vollständig ersetzen."
Söder sagte dem "Tagesspiegel am Sonntag" zur Corona-Krise und zur Kanzlerkandidatur der Union: "Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen." "Wenn wir jetzt in dieser Corona-Krise versagen würden, hätten wir keinen moralischen Führungsanspruch", betonte der bayerische Ministerpräsident.
Eine eigene Kandidatur schloss Söder nicht kategorisch aus, bekräftigte jedoch: "Mein Platz ist in Bayern. Aber ich will als Ministerpräsident und CSU-Parteivorsitzender meinen Beitrag leisten, dass wir in Deutschland erfolgreich sind."
Kramp-Karrenbauer zeigte sich im ARD-Sommerinterview überzeugt, dass die Kandidaten für ihre Nachfolge im Parteivorsitz grundsätzlich auch die Kanzlerkandidatur der Union bei der Bundestagswahl 2021 anstreben. Es sei "vollkommen klar", dass jeder Vorsitzkandidat "natürlich auch das Thema mögliche Kanzlerkandidatur im Auge" habe.
Es sei dann Sache des neuen CDU-Vorsitzenden, über die Kanzlerkandidatenfrage mit der CSU zu reden. Zur Äußerung Söders, der Unionskanzlerkandidat müsse sich in der Corona-Krise bewährt haben, sagte Kramp-Karrenbauer: "Krisenmanagement gehört dazu." Es gehöre aber unter anderem auch die Fähigkeit dazu, "auch in schwierigen Zeiten seinen eigenen Kurs beizubehalten und zum Beispiel nicht der Versuchung des Populismus nachzugeben".
Die Frage, ob sie mit diesem Äußerungen nach München schaue, verneinte die CDU-Vorsitzende. Der CSU war insbesondere vor der Landtagswahl 2018 in Bayern eine Annäherung an die Agenda der AfD vorgeworfen worden. Söder hatte im damaligen Wahlkampf den Begriff "Asyltourismus" gebraucht, dies jedoch später als Fehler bezeichnet.
rh/muk© Agence France-Presse