Berlin - (ots) - Die Weltnaturschutzunion IUCN hat ein Update für die Internationale
Rote Liste der bedrohten Arten vorgelegt. Insgesamt sind mit der
Aktualisierung nun 120.372 Tier- und Pflanzenarten wissenschaftlich auf
der Roten Liste erfasst. Über ein Viertel davon in den höchsten
Gefährdungskategorien.
Christoph Heinrich, Vorstand Naturschutz beim WWF
Deutschland, sprach angesichts der neuen Zahlen von dem "größten
Artensterben seit Verschwinden der Dinosaurier" und warnte vor den
dramatischen Folgen für den Menschen. Laut IUCN gelten Feldhamster nun
weltweit als vom Aussterben bedroht. Gleiches gilt für den Atlantischen
Nordkaper, einen Glattwal, und mehrere Lemuren-Arten, darunter Madame
Berthes Mausmaki, die mit 10 Zentimetern Länge kleinste Primatenart der
Welt. Damit gelten laut IUCN nun 98% aller Lemurenarten als bedroht.
"Wir Menschen spielen beim weltweiten Arten-Gau eine gefährliche Doppelrolle. Einerseits zerstören wir Lebensräume von Arten und feuern damit das Artensterben an. Auf der anderen Seite ist Artenvielfalt die Grundlage für funktionierende Ökosysteme, von denen wir Menschen am Ende selbst abhängen", so Heinrich. "Eine intakte und vielfältige Natur gibt uns Nahrung, sauberes Wasser und andere Rohstoffe, reguliert das Klima und fungiert als Bollwerk gegen Krankheiten und Pandemien. Die Naturzerstörung geht vor allem zu Lasten von Milliarden von Menschen im globalen Süden, ihr Leben hängt oft unmittelbar von der Nutzung natürlicher Ressourcen ab."
Der globale Arten-Gau spielt sich dabei nicht nur in fernen Regenwäldern oder Meeresregionen ab, sondern auch vor der eigenen Haustür: Der Überlebenskampf des Feldhamsters steht dabei laut WWF stellvertretend für den tausender heimischer Tiere und Pflanzen, die unter den Folgen der intensiven Landwirtschaft leiden. Ohne einen ökologischen Neustart in der nationalen und europäischen Landwirtschaftspolitik drohe der Artenkollaps auf deutschen Feldern und Wiesen.
In Hinblick auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft sagte Heinrich: "Die Bundesregierung muss sich auch vor der eigenen Haustür konsequent für den Naturschutz einsetzen. Deutschland muss im Rahmen seiner EU-Ratspräsidentschaft dafür sorgen, dass 30 Prozent der Land- und Meeresfläche der EU innerhalb des kommenden Jahrzehnts einen Schutzstatus erhalten und 15 Prozent der EU-Fläche an zerstörter Natur wiederhergestellt werden." Auf dem UN-Biodiversitätsgipfel 2021 habe die EU zudem die Chance, dieses Ziel zu einem globalen Maßstab zu machen, so der WWF-Vorstand.