Bonn - (ots) - Nach Angaben der Assistance Coordination Unit (ACU) hat sich der erste Mensch in Nordwest-Syrien mit Covid-19 infiziert. Bei dem Infizierten soll es sich um einen Arzt aus dem Bab al-Hawa Krankenhaus in Idlib handeln. Die erste Covid-19-Infektion in Nordwest-Syrien ereignet sich im Schatten der Abstimmungen im UN-Sicherheitsrat zu der Offenhaltung von Grenzübergängen für Hilfslieferungen aus der Türkei in den Norden Syriens. Im UN-Sicherheitsrat hatten Vertreter der russischen sowie chinesischen Regierung jüngst ein Veto gegen die Verlängerung der bestehenden Resolution eingelegt.
Karl-Otto Zentel, Generalsekretär von CARE Deutschland: "Das Veto der russischen sowie chinesischen Regierungen beunruhigt uns zutiefst. Rund vier Millionen Syrerinnen und Syrern sind akut gefährdet: Neben der medizinischen Versorgung fehlen ausreichend Lebensmittel, die über die Grenze in das Land kommen. Nach neun Jahren Krieg wird die Schließung der Grenze bei Bab al-Salam nur zu weiteren unschuldigen Toten führen. Wir fordern die russische sowie chinesische Regierung dazu auf, heute im UN-Sicherheitsrat sicherzustellen, dass die Grenzübergänge weiter genutzt und die dringend benötigte humanitäre Hilfe nach Syrien verlängert und ausgebaut wird. Millionen Syrerinnen und Syrer sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Eine Abstimmung zur Einschränkung oder Beendigung des Zugangs könnte ein Todesurteil für die Bevölkerung in Nordwest-Syrien sein."
Sherine Ibrahim, CARE Länderdirektorin in der Türkei: "Es ist fast eine Überraschung, dass es so lange gedauert hat, bis der erste offizielle Covid-19-Infizierte in Nordwest-Syrien gemeldet wurde. Wir haben uns lange vor diesem Tag gefürchtet, weil die Situation außer Kontrolle geraten könnte, falls sich das Virus weiter ausbreitet. In Nordwest-Syrien sind das Gesundheitssystem und die Wasserversorgungsnetze durch den jahrelangen Krieg fast komplett zerstört, Millionen Vertriebene leben in überfüllten Camps oder Notunterkünften in denen Social-Distancing nicht möglich ist."
CARE Deutschland e.V.
Syrien: Eine doppelte Katastrophe durch Krieg und Coronavirus
Nach neun
Jahren Krieg ereignet sich im Nordwesten Syriens eine große humanitäre
Katastrophe. Seit Dezember 2019 wurden durch Luftangriffe allein aus dem
südlichen Idlib und westlichen Aleppo über 939.000 Menschen gewaltsam
vertrieben. Unter den Geflüchteten sind über 81 Prozent Frauen und Kinder
und sie sind am dringendsten auf humanitäre Hilfe angewiesen.
Durch Angriffe wird eine Stadt nach der anderen, Wohnhäuser, die Infrastruktur und Krankenhäuser gezielt zerstört. Viele Menschen haben alles verloren und sind in stetiger Angst auf der Flucht oder leben unter dramatischen Bedingungen in provisorischen Unterkünften.
Die ohnehin katastrophale humanitäre Lage in Nordwestsyrien droht sich durch das Coronavirus um ein Vielfaches zu verschärfen. Alle bisher bestätigte COVID-19 Fälle kommen aus besonders dicht besiedelten Regionen, was CARE Anlass zu extremer Sorge gibt. Die Mobilität der vertriebenen Bevölkerung, der Mangel an Test- und medizinischen Versorgungsmöglichkeiten und das Fehlen von Wasser, Hygieneartikeln und Raum zum Abstandhalten oder Isolieren, erhöhen das Risiko einer extrem raschen Ausbreitung des Coronavirus mit verheerenden Konsequenzen für die Bevölkerung in ganz Syrien.
CARE hilft mit Partnerorganisationen vor Ort, doch die Gewalt erschwert Hilfslieferungen. Wir fordern eine sofortige Waffenruhe und den uneingeschränkten Zugang für humanitäre Helferinnen und Helfer.