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Am Fenster

Von dem schönen Moment, an dem dunkle Gedanken noch vom Schwarz der Nacht verdeckt sind.

Es ist das künstliche „Kikerikien“ meines digitalen Hilfsmittels, dass mich morgens aus dem Land der Träume befreit. Das mich zurück in die Wirklichkeit holt, die so kalt ist wie die Luft, die mich umfängt.

Aber diese Ruhe, die omnipräsent vor meinen Augen erscheint und meine Glieder durchspült ist so einmalig wie der Morgentau, der jedes einzelne Blatt während der Dunkelheit mit seinem Wasserstoffbrücken bedeckte.

Nur vereinzelt hört man, während die Sonne sich noch die Augen reibt, dass einige Zivilisationsgetriebene zur Arbeit rauschen. Mit dem Auto, dem Motorrad, Bus oder dem Rad.

Ich liebe diesen Moment. Soeben habe ich meine Seele an das Wachsein gewöhnt, indem ich einem Heißluftballon sehnsüchtig hinterherschaute. Wie gerne wäre ich die Luft im Tuch gewesen, die von der Flamme des Brenners wie von heißer Leidenschaft immer wieder erwärmt wird. Ich stelle mir vor, wie ein verliebtes Pärchen Arm in Arm über die Erde und durch die Wolken gleitet. Sie ihre Arme zärtlich um seinen Hals legt, während er an der Leine des Lebens zieht, um den Moment der Harmonie zu verlängern.

 

Es ist bestimmt einmalig, hoch oben über dem Rummel der Stadt von einem Schwarm aufgeregter Schwalben umfangen zu werden, ihren angenehmen Schreien zu lauschen. Worüber sie sich wohl unterhalten? Ob eine Mutter dem Nachwuchs mitteilt: Hier entlang. Nicht das Schlagen mit den Flügeln vergessen.“ Ob wohl ein altkluger Zögling fragt: „Warum?“

 

Die Biologie denkt wahrscheinlich „quatsch“, Vögel haben keinen Geist der reflektierende Fragen stellt, aber weiss man das? Ich stelle mir die Vögel gern vor wie den alten Popov aus den Janoschmärchen, der von einer alten Krähe das Fliegen lernt und mit ihr zum Luftschloss emporsteigt, indem ein alter König mit seinen Töchtern residiert, von der eine schöner ist als die andere und diese Steigerung nie ein Ende findet, egal mit welcher die Aufzählung beginnt. Und dann wünsche ich mir, dass ich wie der alte Popov zufrieden das Angebot des Königs ausschlage mir eine seiner Töchter zur Frau zu nehmen, weil ich doch schon alt bin und in meine kleine Hütte am Ende der Stadt gehöre, dahin, wo die Bienen mir Honig schenken und die Vögel und Hasen und Eichhörnchen mir ihre Geschichten von einem aufregenden Tag erzählen.

 

Es mag sein, dass Tiere keinen Verstand haben. Sich keine sorgenverhangenen Gedankenexperimenten über das „Nach dem Jetzt“ machen. Ich würde gern in einem Astloch erwachen um heimlich frische Eicheln für die Liebste zu suchen, während sie noch in ihrem kuscheligen Schwanz den Schlaf der Gerechten genießt und vielleicht von mir träumt. Ja, die künstlichen Highlights von bestanden Prüfungen oder beantworteten Mail würden mir erspart bleiben und auch der Tod durch Lungenkrebs, denn ich bräuchte nicht rauchen, oder trinken oder mich ungesund ernähren, weil Leben nur Mittel zum Zweck wäre, die Spezies zu erhalten. Ich wäre glücklich, wenn ich erwachte und mein Hunger mit der richtigen Mahlzeit gestillt würde. Und wenn nicht, würde ich einfach weiter suchen, bis ich fündig würde. Kein Ärger darüber, wie lange dies dauert, würde das  Glücksgefühl des Momentes trüben. Denn gleich, wäre mir egal.

 

Ich hoffe, dass es viele Menschen gibt, die so träumen wie ich, aber ich befürchte, dass die vorherrschende Meinung ist, dass ich schweigen solle, denn von derlei Gedankenexperimenten kann man sich nichts kaufen.

 

Mag sein, aber ich will auch nichts kaufen. Ich will leben und das Geschenk, dies zu können genießen, dankbar an die Natur zurück geben, indem ich ihr helfe, weiterhin zu bestehen. Indem ich sie mit Nachwuchs und vergessener Nahrung versorge, die neue Bäume pflanzt oder andere Wesen vor der ihr nicht bekannten Not zu verhungern schützt.

Passen Sie auf sich auf und genießen Sie das Sein, dem die Pflichten des Alltags völlig egal sind.

   

Bild: Adolf Ulf Muenstermann