Es
sind Geständnisse, die verstören. Der mutmaßliche Mörder des Politikers
Walter Lübcke, der Neonazi Stephan E., sitzt im Vernehmungsraum und
wird befragt. Er soll den Ermittlern schildern, wie seine mutmaßliche
Tat stattgefunden hat.
Stephan E. atmet schwer, holt immer wieder tief
Luft. Er gesteht an diesem Tag, wie er die Tat begangen haben will. So
habe er den Zaun heruntergetreten und sei die Mauer hochgegangen, die
Waffe in der Hand. „Der Tatentschluss war klar", bestätigt er auf
Nachfrage des Ermittlers. Mit beiden Händen zeigt er während der
Vernehmung an, wie er sehr zielgerichtet zum Tatort gegangen sein will,
der Hahn der Waffe sei gespannt gewesen. „Er hat mich noch gesehen",
sagt Stephan E.. „Er hat meinen Schatten gesehen. Er wollte schauen und
in dem Moment ist der Schuss gefallen." Als er den Ablauf des tödlichen
Schusses nachstellen soll, steht er auf und zeigt sein mutmaßliches
Vorgehen.
In einem späteren Geständnis präsentiert er eine andere Tatversion und belastet einen mutmaßlichen Mittäter.
Die polizeilichen Vernehmungsvideos wurden bereits in die öffentliche Gerichtsverhandlung eingebracht, Journalist*innen haben darüber geschrieben. Nun zeigt der Kanal STRG_F im Rahmen des Extremismus-Schwerpunktes von funk in einem knapp 30-minütigen Beitrag die Kernsequenzen und ordnet sie ein. Es ist ein zeitgeschichtliches Dokument in einem Verfahren, in dem es um den wohl ersten rechtsextremistisch motivierten Mord an einem Politiker in der Geschichte der Bundesrepublik geht.
In der Vernehmung schildert der mutmaßliche Täter, wie er sich radikalisiert haben will. Nach Jahren in der Neonazi-Szene sei er zwar 2011 aus dem harten Kern ausgestiegen, weil er sich nach eigenen Angaben um Beruf und Familie kümmern wollte. Doch 2013 habe er sich wieder radikalisiert – seinen eigenen Aussagen zufolge wegen steigender Zuwanderung. Nach dem islamistischen Attentat in Nizza im Juli 2016, bei dem mindestens 86 Menschen starben, habe er sich immer wieder die Tatvideos angeschaut, die im Internet kursierten. „Wir müssen was dagegen tun", so Stephan E. in der Vernehmung. „Das Mindeste, was wir machen können, ist, dass wir uns bewaffnen." Dass der Mord ein terroristisches Signal gewesen sein soll, schildert er in seiner ersten Vernehmung ohne Umschweife. An dem Tatabend war eine Kirmes in der Nähe des Tatgeschehens, „die feiern da, für die scheint die Welt in Ordnung", so Stephan E. in der Vernehmung über die Menschen auf dem Fest. Und weiter sagt er: „Ich möchte, dass der Terror zu ihnen kommt". Sein erstes Geständnis hat er inzwischen widerrufen, in einem weiteren Geständnis jedoch seine Tatbeteiligung eingeräumt und einen weiteren Angeklagten belastet. Der Prozess gegen Stephan E. läuft noch. Über den genauen Tathergang und die Schuld von Stephan E. und dem Mitangeklagten Markus H. wird das Gericht also noch entscheiden.
In einer Themenwoche beleuchtet funk, das Contentnetzwerk von ARD und ZDF, seit 27.07.2020 das Thema Extremismus in Deutschland. Zehn funk-Formate beteiligen sich mit ihren Recherchen am Schwerpunkt, darunter wird zu den Themen Antifa, Holocaustleugner und Reichsbürger recherchiert. Die Videos des Schwerpunktes sind auf YouTube und funk.net zu finden. Auch der Beitrag von STRG_F zum Mordfall Walter Lübcke ist Teil der Themenwoche.
Kommentar: Das ist so krank...