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Der Schein trügt

Vom Aberglauben, dass man Glück kaufen kann und dem ungeahnten potential, das es absolut kostenlos ist, gut auf Kosten des Unglücks, aber wer mag darauf nicht gern verzichten?!

Betrachtet man unsere Welt, könnte man zu dem Schluss kommen, dass alles gut ist, dass wir alle bestrebt sind, dass Gute und Schätzenswerte zu erhalten und das Schöne als einzig Würdiges zu kultivieren. Schaut man jedoch genauer hin, verlieren wir uns im Streben diesen Zustand zu erreichen. Wir pflegen unentwegt unsere Gärten, statt sie zu genießen. Wir arbeiten für eine Verbesserung unseres Status quo, statt uns in ihm zu entfalten.

 

Alles ist noch nicht schnell genug oder schön genug. Nie sind wir mit dem zufrieden, was wir sind und haben, weil uns ständig eine verbesserte Version oder die Möglichkeit zur Potenzierung vorgegaukelt wird.

 

Das Schlimme daran ist jedoch nicht, dass wir unser eigenes Glück darüber opfern, sondern dass wir eine Sichtweise kultivieren, die das andere nicht nur negiert, sondern verurteilt und teilweise sogar bekämpft. Dabei ist das andere doch nur eine logische dialektische Betrachtungsweise, um das eigene Ideal zu festigen. Die Philosophie würde sagen: Wir müssen bereit sein, Maxime am Diskurs zu messen. Wer sich seiner sicher ist, braucht diesen Diskurs nicht zu scheuen.

 

Friedrich Nietzsche hat schon im 19. Jahrhundert vor dieser Entwicklung als Folge unseres gemeinsamen Mordes an Gott gewarnt. Wir haben den Nihilismus fehlinterpretiert. Man kann das Vakuum Gott nicht mit Sozialismus, Nazismus oder Kapitalismus kompensieren, weil es keine altruistischen Ideale sind. Unser Ziel sollte es sein, das eigene Selbst und die darin enthaltenen Stärken zu kultivieren. Neugierig auf die eigenen Potentiale zu sein und diese dann zu perfektionieren.

Genau dies glauben wir täglich zu machen, sind aber geblendet von der Schönheit potenzieller Ziele, die die meisten von uns nie erreichen können. Das Haus muss das schönste sein, das Auto das schnellste und der Job der bestbezahlte. Das wäre ja vielleicht noch in Ordnung, wenn wir dabei so kompromisslos vorgingen, wie wir glauben dies zu tun, dabei geben wir aber ständig dem Zwang zum Kompromiss nach. Wir kaufen einen neuen Fernseher oder Computer und denken aber schon im nächsten Augenblick daran, dass dieses Kompromissideal noch gesteigert werden kann: Nächstes Jahr kaufe ich mir aber den Großen. Das machen wir vielleicht auch, aber wir können sicher sein, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits einen besseren gibt.

 

Als logische Konsequenz entsteht die Frage, ob die, die sich alles leisten können, glücklich sind? Und der geneigte Leser ahnt es bereits, nein, ist er bzw. sie oder es nicht. Aber warum?

 

Weil der Konsum an sich nicht die Glorifizierungsstufe erreicht hat, die er uns glauben macht zu haben. Er ist und bleibt ein Kompromiss in der Kompensation des Glücks. Wir kaufen nicht, weil wir nach Konsum gieren, sondern weil wir nach Glück gieren und weil wir den Instinkt für das wahre Glück verloren haben, verlieren wir uns in der Suche nach Alternativen.

 

Der Konsum kann das Glück nicht ersetzen, er kann uns nur glauben machen, dass er ähnlich gut ist. Er ist zu dieser hohen Qualität nicht in der Lage, weil er nicht in uns ist, oder besser gesagt, nicht aus unseren natürlichen Bedürfnissen hinaus entsteht. Die Epikureer würden sagen, dass die Lust aufhört, wo der Mangel aufhört. Wir haben nur so lange das Bedürfnis zu essen, bis wir hungrig sind und egal wie viel wir essen, das Glück wird nicht größer, denn ab einem bestimmten Zeitpunkt sind wir satt, ob wir das wollen oder nicht.

 

Die Versöhnung zwischen Kapitalismus und Idealismus könnte also in einem Minimalismus liegen, denn das Ziel „Dach über dem Kopf ist mit einem Zelt oder einer kleinen Hütte erreicht. Wenn wir also unsere Ziele minimieren sind wir häufiger glücklich. Und wenn wir häufiger glücklich sind und uns auf dieses Glück konzentrieren, es geistig einkreisen und bestimmen, sind wir auch sensibilisiert genug für unsere wahren Bedürfnisse. Dann essen wir wirklich nur noch wenn wir Hunger haben und nicht, wann man uns vormacht, dass es klug wäre Hunger zu haben. Wahres Glück kann also nicht darüber entstehen, dass wir uns zu anderen in ein Verhältnis setzen, sondern indem wir auf unser Innerstes hören. Die Welt um uns herum weiß nicht, was wir wollen, sie kann uns nur darstellen, was ein mögliches Ziel sein könnte und da die moderne Kommunikation tausende Wege kennt unsere Emotionen zu kitzeln, erliegen wir den Versuchungen der suggerierten Sehnsüchte, statt den Zustand der Zufriedenheit zu genießen.

 

Die schwierige Aufgabe liegt folglich darin, uns ertragen zu lernen und die schwierigste stufe ist nicht, das elend zu ertragen, sondern den Moment, in dem wir bedürfnislos sind.

 

In diesem Sinne: Einen bedürfnislosen Tag, Ihr Adolf Ulf Muenstermann

 

Bild: Adolf Ulf Muenstermann