Einer der prominentesten Anführer der Hongkonger Demokratiebewegung hat von Deutschland ein entschlosseneres Vorgehen gegen China verlangt. Es gebe "eine Menge Werkzeuge", mit der die internationale Gemeinschaft China zur Einhaltung von Menschenrechten zwingen könne, sagte Nathan Law dem "Spiegel". "Und Deutschland als einer der größten Handelspartner Chinas könnte in dieser Debatte eine entscheidende Rolle spielen."
Law, der wegen des umstrittenen neuen Sicherheitsgesetzes zu Hongkong nach London geflohen ist, warf der Bundesregierung vor, "den Handel über die Einhaltung von Menschenrechten" zu stellen. Das sei vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte befremdlich. "Deutschland ist für die Demokratie ein symbolträchtiger Ort, Kanzlerin Merkel sollte das wissen", sagte der 27-Jährige.
Um chinesische Menschenrechtsverletzungen in Hongkong, in der nordwestlichen Provinz Xinjiang und andernorts zu ahnden, müsse die internationale Gemeinschaft insgesamt "geeint" auftreten, forderte Law. So wäre etwa ein Boykott der Olympischen Winterspiele "ein wirklich starkes Signal". "Man könnte auch Firmen ächten, deren Produkte von uigurischen Zwangsarbeitern angefertigt wurden."
Das Vorgehen Pekings in Hongkong bezeichnete Law als "Kulturrevolution". Es werde bereits "zur Denunziation aufgerufen". Er selbst habe sich aus strategischen Gründen dafür entschieden, die chinesische Sonderverwaltungszone zu verlassen und nach London zu gehen: "Sollten die anderen zum Schweigen gebracht werden, werde ich die letzte Stimme der Hongkonger sein."
Das umstrittene neue Sicherheitsgesetz schränkt die Autonomie Hongkongs massiv ein. Es erlaubt den chinesischen Behörden ein hartes Vorgehen gegen alle Aktivitäten, die nach ihrer Auffassung die nationale Sicherheit bedrohen. Verstöße gegen das Gesetz können mit lebenslänglichen Haftstrafen geahndet werden.
Das Gesetz stellt den bislang schwersten Eingriff in die Autonomierechte der früheren britischen Kronkolonie dar. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gerät die Demokratiebewegung in Hongkong immer mehr unter Druck.
mid
© Agence France-Presse