Dieser emotionale Auftritt bleibt natürlich auch der großen Politik nicht verborgen. Der Late-Night Hero Jon Stewart nimmt sich mit „Irresistable“ den amerikanischen Wahlirrsinn vor.
Wisconsin hat alles, frische Luft, fleißige Bauern, hübsche Töchter und rudimentäres W-LAN. Man könnte sagen, dass Irresistable, auch irgendwo im Münsterland spielen könnte. Es gibt sogar einen Markus Lewe, Mayor Braun dargestellt von Brant Saxton, der als Konservativer Republikaner seit gefühlten Jahrhunderten mit maroden Infrastrukturen zu kämpfen hat.
Die bissige Komödie in Anlehnung an „The Fall of Wisconsin“ von Dan Kaufman hat viele Momente, in denen man in böser Vorahnung auf amerikanische Klischees die Hände vor die Augen schlagen möchte und dann doch froh ist, noch zwischen den Fingern einen kleinen Blick riskiert zu haben.
Steve Carell, alias Gary Zimmer, entdeckt im Netz das Video von Jack Hastings, alias Chris Cooper, der sich mit einem emotionalen Auftritt bei der eigentlich schon beendeten Gemeindesitzung über den harschen Sparkurs Luft macht.DC Gary, wie sein Kampfname in Deerlaken bald ist, will ihn zum wählbaren Bernie Sanders machen und begibt sich deshalb, ohne Schnickschnack aber mit kleinen Mozarellabällchen an den Ort, den sogar viele Amerikaner auf der Landkarte suchen müssen.
Jon Stewart ist zu gut, um Jack als Präsidentschaftskandidat antreten zu lassen, er will, dass Jack Bürgermeister wird, der erste demokratische Bürgermeister in dem kleinen Nest am Rande der amerikanischen Zivilisation seit 40 Jahren. Denn Jack ist Demokrat, er weiß es nur noch nicht.Irresistable ist so angefüllt von kleinen humoristischen Einlagen ländlicher Komödien, dass weder Gary Zimmer noch dem geneigten Zuschauer auffällt, wie leicht sich Jack und die ganze Gemeinde begeistern lassen.
Man fliegt zur Spendengala nach New York, macht digital Profiling und trinkt Kaffee mit zwei Stück Zucker. Aber der Zucker im braunen Heißgetränk ist nicht das einzige Missverständnis, was nonchalant passiert, aber keine Spuren zu hinterlassen scheint.
Aus der kleinen Gemeinde Deerlaken wird sukzessiveein politischer Hotspot in dem etablierte Republikaner und ambitionierte Demokraten ihre Muskeln spielen lassen.Das Geld fließt in Strömen und die Medien sind begeistert, aber am Ende geht der Kampf unentschieden aus. Denkt man – aber mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, denn dieser Film hat alles, was wir an
Amerika so lieben und hassen inklusive eines Plots, den man so nicht vermuten würde, der aber leider wohl nur beim ersten Screening ein Fest ist.
Denn wer das Ende kennt, betrachtet die ganze Handlung danach mit völlig anderen Augen.
Mit Irresisable will Jon Stewart die abstrusen Auswüchse des amerikanischen Kapitalismus mit all seinen verführerischen Facetten und Animositäten vorführen und auch ein wenig das von Trump so stark gespaltene Land versöhnen.
Der hervorragender Cast macht die Geschichte, die so absurd ist, dass sie schon wieder wahr sein könnte, zu einem echten Kinovergnügen, das den Finger in die Wunde legt, ohne in ihr zu puhlen. Nur schade, dass ihn, zumindest gestern magere fünf Zuschauer gesehen haben und es somit fraglich ist, ob wir zukünftig auch noch derlei transatlantische Unterhaltung genießen können, denn von 55 Euro kann sich kein Lichtspieltheater refinanzieren.
Gehen Sie also mal wieder ins Kino – Irresistable wäre ein guter Grund!