Die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre innerparteilichen Kritiker aufgefordert, aus der Deckung zu kommen. Wer jetzt schon gegen ihren Willen die Frage der Kanzlerkandidatur klären wolle, solle auf dem Bundesparteitag Ende November in Leipzig für Mehrheiten werben, sagte Kramp-Karrenbauer am Montag nach einer stürmisch verlaufenen Vorstandssitzung in Berlin. Der Vorsitzende der Nachwuchsorganisation Junge Union, Tilmann Kuban, hatte in der Sitzung Kramp-Karrenbauers Eignung als Kanzlerkandidatin angezweifelt und eine rasche Klärung gefordert.
Kuban habe in der Gremiensitzung "die Führungsfrage gestellt", sagte Kramp-Karrenbauer. Sie wolle an ihrem Plan festhalten, die Frage der Kanzlerkandidatur erst auf dem Parteitag Ende 2020 zu klären. "Wer auch immer meint, die Frage müsse jetzt in diesem Herbst geklärt werden, hat auf diesem Bundesparteitag die Gelegenheit", sagte sie.
Sie habe darauf verwiesen, dass es in der CDU in der Vergangenheit immer so gewesen sei, dass der Parteivorsitz und das Kanzleramt "in einer Hand" gelegen hätten - "und zwar aus gutem Grund: Weil dann, wenn das nicht der Fall ist, man die Unruhe spürt, die wir zur Zeit auch in der Partei haben".
Mit ihrer Wahl zur CDU-Chefin vor einem Jahr verbinden sie die Verantwortung, "auf dem Parteitag 2020 die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur, über das Wahlprogramm, über das weitere Vorgehen zur Bundestagswahl vorzulegen", sagte Kramp-Karrenbauer.
Die derzeitige Lage der Partei erfordere "ein Höchstmaß an Verantwortung", mahnte Kramp-Karrenbauer. Sie fügte hinzu: "Dieser Verantwortung stelle ich mich. Jeder andere, der in einem Führungsgremium der CDU ist, hat seine eigene Verantwortung und muss sich entscheiden, ob er dieser Verantwortung gerecht wird oder nicht."
Kramp-Karrenbauer übte auf der Pressekonferenz nach der Thüringen-Wahl auch Kritik am Erscheinungsbild der großen Koalition. Das schlechte Abschneiden von CDU und SPD in dem Freistaat habe "augenscheinlich damit etwas zu tun, dass die Zusammenarbeit in der großen Koalition nicht als positiv wahrgenommen wird", sagte sie.
"Beide Regierungsparteien sind im Moment mit Interna beschäftigt" - die SPD mit der Kandidatenkür und die CDU mit "Diskussionen, die hinlänglich bekannt sind". Für Wahlkämpfer in den Bundesländern gebe es "keine Dynamik aus Berlin", räumte die Parteichefin ein. "Das macht die Situation im Land noch schwieriger."
pw/bk AFP