Deutsche Ärzte sind am Freitag erstmals zu dem in Lebensgefahr schwebenden Kreml-Kritiker Alexej Nawalny vorgelassen worden. Nawalnys Unterstützer werteten dies als "positive Entwicklung", sagte sein Stabschef Leonid Wolkow auf einer Pressekonferenz der Organisation "Cinema for Peace" in Berlin. Zuvor sei den Ärzten der Zugang zu Nawalny, der auf der Intensivstation eines Krankenhauses im sibirischen Omsk im Koma liegt, noch verwehrt worden.
Der Putin-Gegner und Anti-Korruptions-Aktivist Nawalny war am Donnerstag ins Krankenhaus von Omsk eingeliefert worden, nachdem er zuvor in einem Flugzeug das Bewusstsein verloren hatte. Sein Umfeld geht davon aus, dass Gift in seinen Tee gemischt wurde. Die Berliner Initiative "Cinema for Peace" hatte daraufhin einen Rettungsflug von Deutschland aus nach Omsk organisiert. Die russischen Ärzte erklärten am Freitag jedoch, Nawalny sei nicht transportfähig. Es sei auch kein Gift in seinem Körper gefunden worden.
Wolkow berichtete, es sei eine "unmögliche Operation" gewesen, auf die Schnelle den Flug in der Nacht zu organisieren. Zu ihrer "großen Überraschung" sei ihnen bei der Ankunft im Krankenhaus dann gesagt worden, dass Nawalny nicht verlegt werden könne.
Die Initiative wolle verhindern, dass Nawalny wie vor ihm bereits der Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin, Pjotr Wersilow, erst nach einigen Tagen nach Deutschland gelangt. Zu diesem Zeitpunkt sei es bei Wersilow nicht mehr möglich gewesen, die Ursachen seiner Erkrankung auszumachen, sagte Wolkow.
Wersilow von der regierungskritischen, russischen Künstlergruppe Pussy Riot war 2018 nach einer mutmaßlichen Vergiftung zur Behandlung in die Berliner Charité gebracht worden. In Russland wurde er nach eigenen Angaben "gleich am ersten Tag meiner Vergiftung völlig isoliert". Dabei seien gerade die ersten 24 Stunden "außerordentlich wichtig, um zu verstehen, welche Giftstoffe überhaupt zum Einsatz kamen", sagte der per Video zu der Berliner Pressekonferenz zugeschaltete Wersilow.
Wolkow betonte, es sei wichtig, Nawalny nach Berlin zu bringen, um eine unabhängige Analyse von Nawalnys Gesundheitszustand zu erhalten. "Wir haben keine Analysen, keine Diagnose, keinen Arztbericht, keine Daten von unabhängiger Seite", sagte er. "Wir bitten alle, die in irgendeiner Form Einfluss nehmen können, sich dafür einzusetzen, dass er nach Berlin gebracht wird."
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