Plötzlich steht man da und kann alles machen und alles sein, weil man frei ist, denn keine Zeit sagt einem, wofür es noch zu früh oder schon zu spät scheint. Somit verliert man auch alles, was einen ständig in Angst, Bangen und Hoffnung treibt und stets in Emotion behält und seelisch nie zur Ruhe kommen lässt. Es ist nicht der Sex (Fouceault), es ist nicht etwas Profanes, oder philosophisch Abstraktes, es ist die Zeit, die an beinahe jedem Arm oder in irgendeiner Tasche unentwegt tickend, uns unsere verstreichende Zeit, mit jeder Millisekunde vor Augen hält. Immer und überall vor Augen, kein Wunder, dass uns das wahnsinnig macht.
Wahrer Urlaub ist also weder Waikiki noch Wildnis, solange man eine Uhr dabei hat.
Urlaub ist, wenn der Geist die Zeit bekommt, sich zu entspannen. Das Erlebte zu verarbeiten und wie Herr K. (Kafka) in den unendlichen Regalen des Wissens zu verstauen. Und dann, wenn selbst er seine Arbeit verrichtet hat, braucht man erneut viiiiel Muße, um all das, was nun wie ein offenes Buch vor seinen Augen liegt, in seiner ganzen Komplexität zu betrachten. Wo ist etwas wie eine Blume. Welche Farben und Gerüche verbindet man mit ihr? Welche Emotionen und Reaktionen haben eine blumige Geschichte. Und wo waren es Perlen vor die Säue?
Diese Gedanken bereiten den Kopf für neue Aufgaben vor, dieses kreative Spiel aus verarbeiten im „Nachdenken“ und darüber zu neuen sinnigen Schlüssen zu kommen, die einem in zukünftig richtigen Momenten parat sind. Das ist unbezahlbar. Mensch sein. Frei von äußeren Einflüssen, die immer nur ein Angebot sein können, die Seele zu bereichern. Aber sie sind es auch wirklich nur dann, wenn das Innere geordnet weiß, was es braucht und wie die neue Erfahrung konstruktiv ein zukünftiger Teil des Selbst werden kann.
Das alles heißt jetzt nicht, dass sie nie wieder in der Südsee planschen dürfen, aber auch nicht, dass ein Singleappartment in einer unbedeutenden „Stadt“ mit ähnlicher Profilneurose nicht reicht. Es heißt nur, dass das wichtigste am Urlaub das ist, was man vergessen hat: Die Zeit.
Aber jetzt ist es Zeit zu arbeiten.
Bis morgen
Bild: Adolf Ulf Muenstermann