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Wenn man in 100 Jahren auf uns schaut

Jedes Zeitalter empfand sich als das Ende einer langen Kette von Entwicklungen. Und jedes Mal hat man seinen eigenen Status quo als das Ultimative, das bestmögliche tituliert. Alles immer ziel orientiert. Im Fokus auf einen Punkt, den man nie erreichen kann oder wird.


Aber was sagt das über vergangene Ereignisse? Heißt das, dass alles was vormals war, jetzt aus Prinzip schon wieder nur eine Relativierung des „Jetzt“ ist? War man in der Vergangenheit nie „besser“ als heute.

Meines Erachtens ist es dabei nicht wichtig, ob oder wann man das als dementsprechend empfindet. Wichtiger ist, ob es sich überhaupt noch lohnt, tätig zu werden, wenn man ständig im Werden begriffen ist, dessen Ideal man nie erreichen kann.

Die Lethargie des Ideenreichtums, die regelmäßig zu Tage tritt, weil sich eine gesamte Generation entweder unwürdig oder unfähig empfindet, oder wie derzeit, es als notwendiger betrachtet, erst einmal das zu kultivieren, was da ist, bevor das kleine bisschen Glück, was wir uns scheinbar zusammengewerkelt haben wieder zu verlieren.

Das „Handy“ wird kleiner, dünner, schmaler, leichter, aber es wird nicht ersetzt. Die Innovationsschübe bleiben auf Kosten eines Tempos, das alle überforderte zurück.

Aber dieser Pragmatismus ist beinahe schon aufgezwungen. Wieviel Mühe hat sich die derzeit lenkende Generation damit gegeben, zu zeigen, dass so viel geht, aber wir nicht in der Lage sind, es zu  fassen. Ganz wie die 11 oder noch mehr Dimensionen unseres Sein. Irgendwo im Hinterstübchen ist einem dieses Faktum nicht unbekannt, aber man negiert es, weil es einem die eigene Nichtigkeit oder Irrelevanz so vor Augen führt, dass man beinahe den Sinn des Lebens zu verlieren scheint.

Die Jugend will leben, glücklich sein und sich ausprobieren. Das kleine bisschen sozialer Empathie, das möglich ist, genießen und den kleinen Wunsch immer wieder gewisse Details des Alltags zu optimieren, näher zu kommen. Man giert nicht nach schneller, höher, weiter, sondern nach Geborgenheit und Wurzeln, über die man sich identifizieren mag und kann.

Und Details, die auch bereit dazu sind, dass ich meinen Charakter, mein Ich, an Ihnen ausrichte. Die Vergänglichkeit des Seins hat mit einem solchen Tempo in unser Leben eingegriffen, dass wir beinahe glauben, unser Leben sei so endlich wie das eines Fahrradschlauchs. Aber das ist es nicht. Aber das zu begreifen ist schwer, wenn überall die Zeit tickt und jeden uns daran erinnert, dass unsere Zeit, unser Sein, unser Alles, eine kleine Periode in einem sinnfreien Kreislauf darstellt. Sinnfrei nicht, weil es überflüssig ist, sondern weil der Sinn alles Sein nicht in meiner Repräsentanz, sondern im Sein an und für sich besteht. Sei du und genieße es. Daran arbeitet die Jugend, seit Generationen und ich wünsche der heutigen, dass sie endlich fündig wird.

Wenn man dann in einhundert Jahren mal wieder den Blick in die Vergangenheit wagt, wird man vielleicht sogar im Chaos eine Daseinsberechtigung sehen, weil nur das absolut Unordentliche den Wunsch nach Geborgenheit durch Kontinuität wecken und kultivieren kann. Ich hoffe, man wird in 100 Jahren diesen Augenblick bei der Retrospektive der post, post, post moderne entdecken.

 

Bild: Adolf Ulf Muenstermann