(OLG Hamm) Die
Audi AG und die Volkswagen AG müssen dem Käufer eines gebrauchten
Audi A 1 wegen einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung als
Schadensersatz den Kaufpreis unter Abzug einer Nutzungsentschädigung
gegen Rückgabe des Fahrzeugs zahlen. Dies hat der 45. Zivilsenat des
Oberlandesgerichts Hamm am 14.08.2020 entschieden.
Der
klagende Kunde aus Gütersloh kaufte im Februar 2014 bei einem
Autohaus in Gütersloh einen erstmals im Februar 2013 zugelassenen
Audi A1, 1.6 TDI zu einem Kaufpreis von 16.385 Euro. In dem Fahrzeug
eingebaut ist ein vom sog. Abgasskandal betroffener Dieselmotor mit
der herstellerinternen Ty penbezeichnung EA 189. Im März 2017 ließ
der Kläger ein angebotenes Software-Update ausführen, welches dafür
sorgen sollte, im Normalbetrieb die öffentlich-rechtlichen
Grenzwerte einzuhalten.
Der klagende Kunde macht u. a.
geltend, er hätte den Audi A1 nicht gekauft, wenn er von der
Manipulation der Abgaswerte gewusst hätte. Ihm stünde sowohl
gegenüber der Volkswagen AG als auch der Audi AG ein
Schadensersatzanspruch zu, weil er von ihnen vorsätzlich
sittenwidrig im Hinblick auf die Schadstoffemissionen getäuscht
worden sei. Die Volkswagen AG hat insbesondere behauptet, dass die
Entscheidung zum Einsatz der Motorsteuerungssoftware unterhalb ihrer
Vorstandsebene getroffen worden sei.
Die Audi AG hat sich
darauf berufen, sie habe den Motor nicht entwickelt, weshalb sie von
den Vorgängen keine Kenntnisse gehabt habe; ein etwaiges Wissen der
Volkswagen AG könne ihr nicht zugerechnet werden.
Das
Landgericht Bielefeld hat die Volkswagen AG und die Audi AG –
gesamtschuldnerisch – mit Urteil vom 22.07.2019 (Az. 19 O 314/18)
insbesondere zur Rückzahlung des Kaufpreises unter Abzug einer
Nutzungsentschädigung verurteilt. Es hat die Auffassung vertreten,
der klagende Kunde sei durch das Inverkehrbringen des Motors – mit
Blick auf die Volkswagen AG – und des Fahrzeugs – in Bezug auf
die Audi AG – geschädigt worden.
Zu Recht! Die Audi AG und
die Volkswagen AG hätten – so der Senat – jede für sich zum
Nachteil des Käufers des Audi A 1 eine vorsätzliche sittenwidrige
Schädigung begangen. Mehr als fernliegend sei, dass die Entscheidung
für eine greifbar rechtswidrige Software ohne Einbindung der
Vorstände oder sonstiger Repräsentanten der Unternehmen erfolgt sei
und lediglich einem untergeordneten Konstrukteur zugeschrieben werden
könne, der sich eigenmächtig verhalten habe. Der Gesichtspunkt,
dass die beteiligten Unternehmen in einem Konzern verbunden seien,
genüge für sich genommen zwar nicht, um eine Wissenszurechnung zu
begründen. Eine Mithaftung der Audi AG folge aber daraus, dass nicht
vorstellbar sei, dass kein Vorstandsmitglied der Audi AG von dem
Einsatz der illegalen Software gewusst habe. Diese Kenntnis dränge
sich geradezu angesichts eines bei der Audi AG vorhandenen
Compliance-Systems auf, nach dem für jedes Detail eines zu
produzierenden Pkw das Einverständnis zumindest eines
Vorstandsmitglieds eingeholt werden müsse. Beiden Herstellern sei es
nicht gelungen, Umstände darzulegen, wonach eine Kenntnis ihrer
Vorstände oder sonstigen Repräsentanten ausscheiden würde.
Rechtskräftiges Urteil des 45. Zivilsenats des
Oberlandesgerichts Hamm vom 14.08.2020 (Az. 45 U 22/19, OLG Hamm).
Das Urteil wird in Kürze in anonymisiertem Volltext unter
www.nrwe.de abrufbar sein.
OLG Hamm
Audi und VW müssen zahlen
Ein Autokäufer klagte vor dem OLG Hamm erfoglreich gegen Audi und Volkswagen: In seinem gekauften Audi A 1 befand sich die betrügerische Software für Emissions-Messung, die zum Abgasskandal führte. Der Käufer darf das Auto nun wieder zurückgeben und kriegt den Kaufpreis erstattet.