In diesem Jahr werden so viele Jubiläen gefeiert und Sie
warten sicher schon auf einen Exkurs über Hegel, der in diesem Jahr seinen 200.
Todestag „feiert“, aber meines Erachtens ist der wiederkehrende Todestag kein
Grund zum Reflektieren, der Tag oder das Jahr, in dem ein Großer geboren wurde,
wie in diesem Jahr vor 250 Jahren der gute alte Ludwig van Beethoven, das ist
schon ein paar Zeilen wert.
Hier eine kleine Hörprobe aus dem Gewandhaus in Leipzig von Beethovens 9. Aus dem Jahr 2013:
https://www.youtube.com/watch?v=-suf9BL9xRA
1770, 19 Jahre vor der französischen Revolution, also in unruhigen Zeiten, wurde in dem verschlafenen Städtchen Bonn, ein Genie geboren, dessen Kindheit ähnlich wie die von Mozart, von Drill und Disziplin überfrachtet war. Als Sohn eines ambitionierten Vaters, sollte der kleine Ludwig auch eine Geigenvirtuose werden, wie der Suppenkasper aus Salzburg, allerdings in gut bürgerlichen diensten an der Violine und nicht am Klavier. Zum Ärgernis des Lockenkopfes, der sich zeitlebens gegen Konventionen und für die Freiheit einsetzte, die er mit Brüchen in der Musik setzte und mit extravaganten Attitüden und einem ausschweifenden Lebenswandel kultivierte.
Hier ein Leckerbissen unter der musikalischen Leitung von Herbert von Karajan, Beethovens 5. Sinfonie:
https://www.youtube.com/watch?v=OV6Lp7cnX7s
Was wären Filme wie „a clockwork“ orange oder „Apokalypse now“ ohne die Klänge von Beethoven und was wäre es für ein Geschenk an die Welt, wenn einige Filmemacher auf die musikalische Unterstützung vom guten alten Ludwig van, verzichtet hätten.
Seine recht früh einsetzende Taubheit jenes Genies aus der zukünftigen und ehemaligen Hauptstadt, die wohl eine Mischung aus genetischem Defekt und Resistenz gegenüber ärztlichen Ratschlägen in Bezug auf die Reduzierung des Alkoholkonsums, machte den Struwwelpeter der Vormoderne und Spender der Europa Hymne wahnsinnig. Das Rohr am Ohr half nur bedingt und der mit Quecksilber versüßte Wein betäubte nur bedingt. Je älter Ludwig wurde, desto griesgrämiger gestaltete sich sein Charakter. Sein Blick wurde gierig wie eine Elster, auch auf Schülerinnen, seine Bewegung ausladender und seine Kompositionen virtuoser.
Hören Sie hier, die 6. Sinfonie. Keinem ist der Name bekannt, aber die Melodie kennt jeder:
https://www.youtube.com/watch?v=aW-7CqxhnAQ
Zarte Klänge wie der Gesang einer weiblichen Stimme, die einen sanft wie ein Vöglein aus dem Schlaf weckt und in der strahlenden Morgensonne vor wehendem weißen Vorhang ihre natürliche Grazie wie einen nackten Engel in seiner ganzen Schönheit erstrahlen lässt.
Das ist Wiener Klassik
Die Wiener Klassik, die sich doch unter Mozart neuer Blüte erfreuen sollte, strotzte vor Selbstbewusstsein unter der Federführung des am 17. Dezember geborenen Mannes, der fast noch mehr durch seinen Brief an die „unsterbliche Geliebte2, dessen Identität bis heute nicht einwandfrei geklärt ist. Mögliche Kandidaten seiner 1812 zum Ausdruck gebrachten Raserei über die Taubheit sind: Julie („Giulietta“) Guicciardi, die Beethoven mehrmals in ihrem Tagebuch erwähnte, als auch Therese Brunsvik die durchaus öffentlich für den Lockenkopf vom Rhein schwärmte. Wohl am wahrscheinlichsten ist aber Josephine Brunsvik. Ihr Mann war kaum geflüchtet -nicht gestorben- da machte sich die „unsterbliche Geliebte“ wohl auf den Weg nach Heiligenstadt oder Bonn, obwohl sie nie in einer der Städte zu dieser Zeit registriert war.
Aber ein Baby (Minona) im Bauch spricht wohl Bände. Die dreiseitige, mit Bleistift verfasste Brief, der allerdings erst 1840 erstmals veröffentlicht wurde, läßt nur erahnen, was in Beethoven vorging, dem Hitzkopf, der sich mit allen anlegte, sogar mit seinem Mäzen Fürst Lichnowsky, mit dem er sich nach einem Streit auf dessen Landsitz überwarf. Unter der Bedingung, in Wien zu bleiben, konnte sich der Musiker, der heute noch mehr als 10 Prozent der Verkaufserlöse von Musikalischen Produkten in Japan ausmacht, sichern.
Bettina Bretano, die er um 1810 über Goethe kennenlernte, verhalf ihm aber erst zu dem verklärten Romantiker, dessen Büste jedem sofort bei den Klängen von Freude schöner Götterfunke in den Kopf kommt.
Der Streit um die Vormundschaft seines Neffen Karl (sein Bruder starb 1815), die Gehörlosigkeit und die Trunksucht mit all ihren chemischen Vergiftungsfolgen, ließen ihn den Tod beinahe ewig „genießen“. Denn von 1812 bis zu seinem Tode am 26. März 1827 in Wien, ging es bei dem wohl bekanntesten Klassikkomponisten aller Zeiten nur noch abwärts.
Ein Leben zwischen oben und unten. Extremen. Ohne Maß und Rücksicht auf Verluste. Das Rezept besonders für seine 9. Sinfonie, aber auch für andere und den bis heute andauernden Erfolg. Wenn er könnte, würde er die harmonische Beweihräucherung grad bestimmt mit einem „ICH VERSTÄH NIX“, unterbrechen.
Ich hätte ihn gern so gut gekannt wie Daniel Barenboim, der ihn mit der 12. Sonate im unten angehängten Link auf dem Klavier „rezitiert“.
https://www.youtube.com/watch?v=fCoa7ncGZ6s
Einen angenehmen Tag.
Ihr,
(Themen und Anregungen gern an/ Bild und Text:) adolf.muenstermann@gmail.com
(P.S. Man sagte, ich solle kürzer bleiben, deshalb habe ich alle Zweige nur angedeutet und nicht vertieft.)